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geworden waren, nahm Graf Eberhard von Württemberg der Greiner sie ein, und ließ sie seine schwere Hand fühlen.

Im J. 1462, in dem Kriege des Herzogs Ludwig des Reichen von Bayern mit Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg stießen die feindlichen Schaaren bei dieser Stadt zusammen. Herzog Ludwig führte sein Heer selbst an; als man ihm rieth, sich nicht auszusetzen, gab er zur Antwort: todt oder lebendig – ich muß heute bei meinem Volke bleiben. Um 10 Uhr den 19. Jul. 1462 begann die Schlacht. Heilige Maria! war das Feldgeschrei der Bayern, ihre Fahne trug das Bild der heil. Jungfrau. Langsam rückte ihr Zug vorwärts, das Heer sang: „Wer heute nicht wohl schießen kann, ist unserm Herrn ein unnützer Mann.“ Gegenüber ermunterte der Markgraf Albrecht die Seinigen zur Tapferkeit; sein Feldzeichen war Birkenlaub, seine Hauptfahne der heil. Wilhelm, sein Feldgeschrei: „Römisch Reich.“ Er hatte sein Heer auf die Abhänge des Gienger Berges aufgestellt und mit einer Wagenburg umgeben. Den anrückenden Bayern schickte er einen Regen von Pfeilen entgegen, welche aber zu hoch gingen und keinen Mann verletzten. Dies machte den Markgrafen stutzig, indeß die Bayern gegen die Wagenburg anrannten und sie in wenigen Minuten sprengten. Nun machte zuerst das Kriegsvolk des jungen Grafen Ulrich von Württemberg mit dem Panier von Tübingen eine Wendung, die einer Flucht ähnlich sah. Dieses erblickend, verlor der Markgraf seinen gewohnten Muth, ritt im Galopp davon, indem er rief: Liebe Kinder, Giengen zu! Auch in Giengen hielt sich der Markgraf nicht; durch die Gassen der Stadt rennend, jagte er Albeck und Ulm zu, wenn gleich dem nachrückenden Feinde die Thore verschlossen und von Seiten Giengens die kräftigsten Zeichen von Anhänglichkeit an seine und des Reiches Sache gegeben wurden. Außerordentlich war der Verlust des Markgrafen in dieser Schlacht; das siegreiche, beutebeladene Heer der Bayern stellte sich nunmehr auf dem rechten Brenzufer auf, und daselbst „enhalb Gussenberg und des Wassers auf der Loe“ ward ein Ritterschlag gehalten (Oefele Script. 1, 398 und besonders Abh. der hist. Klasse der bayr. Akad. der Wiss. Bd. 3. Abth. 2. S. 80).

Das Jahr 1546 war für Giengen ein besonders denkwürdiges, da vor seinen Thoren mehrere Wochen lang das Lager des Kriegsvolks des schmalkaldischen Bundes unter Churfürst Johann Friedrich von Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen sich befand, und die Umgegend der Schauplatz lärmender Kriegsauftritte war. [1]


  1. Das Lager Kaiser Carls des Fünften befand sich vom 13. Okt. bis 22. Nov. bei Sontheim an der Brenz. Die Protestanten kamen vom Ries her und bezogen ein festes Lager bei Giengen. Kleinere Gefechte erfüllten täglich die Anhöhen und die Wiesen an der Brenz mit Kriegsgeschrei, doch ohne Erfolg. Ein nächtlicher Angriff auf das Lager, welchen der Kaiser ausführen wollte, wurde wieder aufgegeben. Im kaiserlichen Lager bei Sontheim, dessen Boden von langem Regen ganz aufgelöst war, herrschten bösartige Seuchen. Gleichwohl verwarf der Kaiser die ihm gestellten Friedensanträge und unterzeichnete den 27. Okt. in seinem Lager die Absetzung Johann Friedrichs als Churfürst und die Übertragung dieser Würde an Herzog Moritz. Inzwischen hatten aber auch im Lager bei Giengen Nässe, Kälte, Krankheiten und völliger Geldmangel eine gänzliche Entmuthigung herbeigeführt und haufenweise lief das Kriegsvolk davon, so daß die Heerführer sich zur Aufhebung des Lagers entschließen mußten. Montag den 22. Nov. setzte sich das Lager in Bewegung, und Dienstag den 23. des Morgens war der Abzug vollzogen. Der Kaiser, der den Abziehenden nachzusetzen anfieng, erreichte sie nicht, vielleicht geflissentlich, weil er sich zu einem Treffen zu schwach fühlte, während die Protestanten sich verloren geglaubt hätten, wären sie Tags zuvor angegriffen worden. So sehr waren die Kräfte beider Theile, so lange sie unter den Widerwärtigkeiten dieser Lager verweilten, gesunken. Gleich nach dem Abzug des Feindes besetzte der Kaiser die Stadt Giengen, und wendete sich von da nach den übrigen schwäbischen Städten. Das Nähere über diese Kriegsauftritte und welche vortheilhafte Wendung die freiwillige Aufhebung des Lagers bei Giengen der Sache des Kaisers gegeben, s. in der interessanten Darstellung Leopold Ranke’s: deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation IV. S. 436 ff. Wenn früher der Landgraf mit Anspielung auf seinen Sieg über die Völker K. Ferdinands sich gerühmt hatte, er werde den Kaiser nach Laufen schicken, so sagte man jetzt, der Kaiser habe den Landgraf nach Giengen geschickt. Magenau S. 30.
Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Heidenheim. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 203. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHeidenheim_203.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)