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Fabrikorten, die Polizei solche strenge überwacht, die vielen Brunnen treffliches erfrischendes Wasser liefern, und außer dem Neckar noch besondere Badeanstalten zur Reinigung des ganzen Körpers gute Gelegenheit darbieten.

Schon die alten Heilbronner hatten für öffentliche Badstuben Sorge getragen. Nicht nur die Israeliten hatten ihr Judenbad, auch für die Christen waren drei öffentliche Gebäude, zwei mit Bädern für Erwachsene und eines als Kinderbad eingerichtet. Verpflichtete Bader standen diesen Anstalten vor. Im Jahr 1600 erließ der Rath eine Badeordnung, und es war insbesondere Sitte, daß alle, welche zu einer Hochzeit giengen, den Samstag zuvor Bäder gebrauchten. Der dreißigjährige Krieg machte all diesem ein Ende. Im Frühjahr 1735 mußte man den Russen, die unter Lascy hier im Quartier lagen, russische Bäder bauen, und erst 1831 wurde hier wieder ein russisches Schwitzbad erbaut, 1837 das Linsenmeyer’sche Bad eingerichtet, 1851 eine Schwimmschule auf dem Neckar.

Solche Reinigungsanstalten und das Baden im freien Neckar sind in einer Fabrikstadt besonders wohlthätig.

Die Krätze, welche in den Jahren 1848 und 1849 sehr überhand genommen hatte, hat sich nach und nach wieder vermindert.

Die Gesundheitsverhältnisse in den Amtsorten sind noch günstiger als in der Oberamtsstadt. Viele Wochen können vergehen, bis in einem Dorfe bösartige Erkrankungsfälle vorkommen, und es ist eine große Seltenheit, wenn eine Typhus-Epidemie in einem solchen sich zeigt, wie im Jahr 1855 zu Großgartach. Die epidemischen Kinderkrankheiten kommen allerdings, wie anderwärts, vor, zumal in neuerer Zeit das Scharlachfieber. So waren im Jahr 1856 Neckargartach, Frankenbach und Kirchhausen von Scharlach und Masern heimgesucht, und in Flein, Happenbach und Abstatt steigerten sich diese Krankheiten zur Epidemie, so daß Staatsfürsorge nothwendig war. Auch die Lustseuche ist in den Dörfern selten; leider aber nimmt sie mit der Zahl der fremden Fabrikarbeiter in der Stadt zu. Schon das Heilbronner Rathsprotokoll vom Dienstag nach Trinitatis 1537 spricht von einem „Franzosenhäuslein“, in welches des Todtengräbers Weib gewiesen worden ist, bis sie der „Franzosen“ geheilt wurde.

Im Jahr 1853 hat im Lande eine statistische Aufnahme der an bestimmten Krankheitsformen und Gebrechen Leidenden, und zwar der Irren und Cretinen, der Blinden und Taubstummen stattgefunden.

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Heinrich Titot: Beschreibung des Oberamts Heilbronn. H. Lindemann, Stuttgart, Stuttgart 1865, Seite 058. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHeilbronn_058.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)