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plünderten den Hof rein aus und stellten das übrige auf den alten Fuß wieder her.

Abermals jedoch führte der Convent des Heiligengeistordens-Spitals in Wimpfen eine so schlechte Haushaltung, daß der Ordensgeneral und sein General-Capitel zu Rom denselben befahl, alle seine Besitzungen dem Oberhospital zu Memmingen zu übergeben. Der Pabst bestätigte diese Einverleibung, der Oberhospital löste den Rest der Heilbronner Forderung mit 3000 fl. ab, und eine jährliche Lieferung von 50 Malter Roggen als Zins hörte nun auch auf.

Das Memminger Spital fand nur noch ein einziges Bauernhaus, eine alte Scheuer, ein Kirchlein und ungefähr 70 Morgen Äcker. Nur der Wald und das Zehntrecht war ganz vorhanden. Nun wurden aber zweckmäßige Gebäude neu erbaut, Güter auf der Markung wieder angekauft und eine bessere Landwirthschaft eingeführt. Schon vor dem Jahre 1475 war auf dem Hipfelhof ein Pfarrer, das Memminger Spital setzte aber seit 1628 einen Exconventualen auf den Hof, der als Pater alle pfarramtlichen Verrichtungen in einer eigenen Kirche nebst Gottesacker bei den katholischen Einwohnern ausübte, und zugleich als Pfleger die Güter und Gefälle verwaltete, insbesondere auch das Zehnt-, Losungs-, Jagd- und Fischereirecht. Bei Ausübung der Justiz wurde der Pater Pfleger durch das sogenannte Pflegamt in Wimpfen unterstützt, wohin die Gesetzübertreter geladen wurden, und welches auch auf dem Hofe Gerichtsverhandlungen und Theilungen vornahm. Der Pfleger führte gewöhnlich ein mildes patriarchalisches Regiment, er stand mit den Nachbarn auch meistens im Frieden, nur über die Großgartacher, von denen mancher gerne auf der Markung des Hipfelhofes jagte oder sonstige Eingriffe machte, beschwerte er sich oft, und in den Jahren 1743, 1771 und 1772 gab es ernste Streitigkeiten mit denselben.

Vor der Reformation wallfahrteten die Großgartacher am Pfingstmontag zu der Kirche auf dem Hipfelhof, und der Pfleger reichte dafür den Nachbarn zwei Laibe Käse, 12 bis 16 Pfund schwer. Diesen Käse holten die Jünglinge aus Großgartach noch bis in die neuere Zeit ab. Sie setzten sich frühe Morgens mit Blumensträußen zu Pferde und ritten zum Hofe. Derjenige Reiter, welcher denselben zuerst erreichte, überreichte den Blumenstrauß dem Pfleger mit folgender Anrede: „Guten Morgen, Herr Pater Pfleger. Da wir Großgartacher das Recht haben, auf dem freiadeligen Gut Hipfelhof alle Jahre einen Käs abzuholen, so wollen auch wir es beim Alten lassen und nichts Neues aufbringen.“ Der Pfleger erwiderte mit

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Heinrich Titot: Beschreibung des Oberamts Heilbronn. H. Lindemann, Stuttgart, Stuttgart 1865, Seite 292. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHeilbronn_292.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)