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Fälle eine sehr kleine war. So lange es noch Orte und namentlich größere Städte gibt, an welchen ein bedeutender Theil der Einwohner nicht durch Impfung geschützt ist, darf es nicht verwundern, daß die Pocken nach der Art der fieberhaften Ausschläge von Zeit zu Zeit eine epidemische Entwicklung gewinnen, und dann auch solche Orte nicht ganz verschonen, welche trotz der allgemeinen Anwendung der Vaccine doch nur in bedingter Weise gegen den Einfluß des starken Pockenkontagiums geschützt sind. Der Impfung aber verdankt es St., daß die Pocken seit 1805 nie mehr in größeren Epidemieen und fast nur in der milderen Form der Varioloiden hier aufgetreten sind; 1848–1849 starben von den 80 Ergriffenen nur zwei, und zwar neugeborene und ungeimpfte Kinder; die Form der ächten Pocken fand sich nur bei drei Männern, welche alle genasen, und von denen Einer nie vaccinirt worden war. Man darf annehmen, daß mit der Verbreitung der Vaccination die Wahrscheinlichkeit der Pockenepidemieen und der schweren Pockenerkrankungen eine immer geringere wird.

Von weiteren akuten Krankheiten, von Rothlaufen und Halsentzündungen, Muskel- und Gelenks-Rheumatismen ist nichts Besonderes zu erwähnen.

Unter den chronischen Krankheiten nimmt die Schwindsucht, d. h. die Tuberkulose, und vorzüglich die Lungentuberkulose, die erste Stelle ein. Im C.-Hosp. befanden sich von 1831–1855 unter 42.015 Kranken 1249 Schwindsüchtige; diese betrugen also 2,9 Proz. aller Erkrankten. Ähnlich, nur etwas niederer, stellt sich das Verhältniß in den Armendistrikten; unter 5771, welche von Jan. 1852 bis Sept. 1855 erkrankten, waren 154, d. h. 2,6 Proz. mit Tuberkulose behaftet. Die Zahl der an Lungenschwindsucht Gestorbenen verhielt sich zur Gesammtzahl der Todten im C.-Hosp. = 1:3,3; es starben also an Schwindsucht 30,3 Proz. oder mehr als der Vierte der aufgenommenen Kranken. Nach der Zusammenstellung von G. Cleß kamen aber in der ganzen Stadt auf 4356 Erwachsene, welche von 1828–1837 starben, 924, als deren Todesursache in den Kirchenregistern Auszehrung, Lungensucht, Schwindsucht und Zehrfieber angegeben ist. Dies gibt ein Verhältniß = 1:4,7 oder 21,2 Proz., also besser als im C.-Hosp., dessen Kranke zum größten Theile im blühenden Alter stehen und der Lungentuberkulose daher besonders ausgesetzt sind. Nach den von G. Cleß angestellten Vergleichungen gehören diese Verhältnisse noch zu den günstigeren. St. reiht sich mit der großen Zahl seiner Tuberkulösen den anderen größeren Städten an; aber seine Verhältnisse sind z. B. besser, als die von Berlin, Hamburg,

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0086.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)