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worden. Das Mittelfenster und das letzte auf der südlichen Seite ist vier-, die andern sind dreitheilig. Das Maßwerk in ihren Bögen ist ziemlich unrein. Durch eine kleine Thüre mit Kreuzstäben im gedrückten Bogen gelangt man in die Sacristei, die im untern Stock einige Netzgewölbe, deren Gurten theils von Consolen getragen werden, theils sich an der Wand kreuzen, und drei durchaus ungleiche Fenster enthält; in ihrem oberen, durch ein einziges dreitheiliges Fenster erhellten Stock mit flacher Decke befand sich früher die s. g. Bibel, ein Gefängniß für Geistliche, welche jetzt zu einem Betsaal für die Hospitaliten dient. Der interessanteste architektonische Schmuck im Inneren ist der aus offenen gewölbten Hallen gebildete steinerne Kirchenstand, den Graf Ulrich der Vielgeliebte in dem nördlichen Seitenschiff für sich erbauen ließ. (Abgeb. bei Heideloff VII.) Er besteht aus drei Arkaden, deren profilirte Bögen auf achtseitigen Pfeilern ruhen, die nur gegen das Mittelschiff mit einem Dreiviertelsäulchen geschmückt sind und einen vom Achteck in’s Viereck umsetzenden Fuß haben, sowie aus drei entsprechenden Kreuzgewölben, deren Gurten an der nördlichen Wand auf zierlich sculpirten figürlichen Consolen, südlich an den Pfeilern auf Consolen mit den kleinen, lebhaft bewegten Statuetten der verschiedenen beim Bau beschäftigten Werkmeister absetzen. Die Schlußsteine der Kreuz- sowohl als der Quergurten-Gewölbe sind ebenfalls mit figürlichen Darstellungen geschmückt. Auf den Halbsäulen der Pfeiler gegen das Mittelschiff sitzen capitälartig die Brustbilder von Propheten, die als Consolen unter hübsch componirten Baldachinen die (leider fehlenden) Statuen der vier Evangelisten trugen. Eine Galerie mit kräftig gearbeitetem Maßwerk ausgefüllt und von einem hübsch profilirten Gesimse abgeschlossen, bildete die Bekrönung des fürstlichen Standes und gestaltete denselben zugleich zu einer Emporbühne. An einem der Baldachine ist die Jahreszahl 1479, die Zeit der Vollendung des Werks, bezeichnend, angebracht. 1

Von den aus Eichenholz geschnitzten Kirchenstühlen der ehemaligen Prediger-Mönche stehen nur noch die Rücksitze der nördlichen und südlichen Chorwand; die übrigen, mit runden Brustbildern auf den Seitenbrüstungstafeln und halb erhabenen ornamentalen und figürlichen Darstellungen darunter sind, zum Theil zu besonderen Stühlen verwendet, im Langhaus der Kirche aufgestellt. Die Seitenwände der auf der Nordwand des Chors stehenden Stühle sind durchbrochen und zum Theil mit geschmackvollen Ornamenten ausgefüllt. Unter der Füllung der ersten Seitenwand gegen Osten ist in einer Nische der heil. Ulrich in halb erhabener Arbeit dargestellt. Die übrigen Seitenwände sind in ihren Ausladungen mit

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Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0191.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)