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Gemeinderath Single, der 1853 im Auftrag der Centralstelle für die Landwirthschaft die Behandlung der Weinberge in den Rheingegenden eingesehen hat, legt auf den Grund seiner Erfahrungen Muster-Weingärten an; und sein Beispiel dürfte auch auf die übrigen Weingärtner günstig einwirken. Nach einer Durchschnitts-Berechnung von 60 Jahren ist das Mittelgewicht des Weinmostes 67°. (Näheres s. Württemb. Jahrb. 1851 Heft I. S. 154. 160.)

Der „Herbst“ (die Weinlese) wird in Stuttgart, namentlich in guten Jahrgängen, mit großem Aufwand begangen, den ganzen Tag, besonders gegen Abend wiederhallen Berg und Thal vom Knallen der Geschosse, während Feuerwerk aller Art den dunkelnden Himmel erleuchtet und nicht selten Musikbanden und Fackelschein die heimkehrende Gesellschaft bis vor das Thor begleiten. Die Lese beginnt im Mittel von 65 Jahren am 15. Okt. Die Trauben werden theils geraspelt und auf Maschinen zerrieben, theils in dem s. g. Rinner getreten. Die Zahl der Keltern ist von 27 im J. 1646 auf drei Haupt- und zwei kleinere Keltern herabgegangen, außer welchen es, nachdem ihr Bann aufgehoben ist, noch viele einzelne Pressen giebt. Der meiste Wein wird unter der Kelter verkauft; einzelne Weingärtner schenken ihn aus, und haben den Ruhm, den Wein rein zu lassen. Der Gesammtertrag in den Zeiträumen von 1700–1735 wurde auf 214.432 Eimer, von 1752–1789 auf 120.940 Eimer berechnet; in letzterem Zeitraum waren die ergiebigsten Weinjahre:

1760 mit 8356 Eimer
1788 mit 6804 Eimer
1753 mit 6554 Eimer
die schlechtesten: 1789 mit 0875 Eimer die schlechtesten
1773 mit 0951 Eimer
1770 mit 0998 Eimer

Der Wein taugt wegen seiner Haltbarkeit auf das Lager und findet deßwegen gerne Käufer. Der Preis[1] ist immer etwas höher als im Unterlande; 1800 war er 84 fl. Der durchschnittliche Jahres-Ertrag wird zu 4500 Eimer im Werthe von 100.000 fl. angenommen.


  1. Noch vor 400 Jahren nahm man nicht an, daß der Preis über 2 fl. kommen werde, da 1458 ein Bürger dem Barfüßer-Kloster in Eßlingen gegen 200 fl. Kapital sich verpflichtete, ihm jährlich aus Haus, Hof und Weinberg fünf Eimer Wein zu geben.
Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0215.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)