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Aufführung bringen, so thaten dieß, wie einige Beispiele zeigen mögen, nach der Kirchenverbesserung die Bürger bei uns. Im September 1558 führte eine Gesellschaft „das Spiel Estra“ bei Hof, und dieselbe im darauf folgenden Jahre „das Spiel Tobie“ im Lustgarten auf, wofür sie beide Male 30 Thaler vom Herzog erhielt. Am Ostermontag 1572 stellte eine Gesellschaft Bürger auf dem hiesigen Markt-Platze vor dem Herzoge „die Historie von dem jüngsten Tage“ vor, wobei das Theater einstürzte und in Brand gerieth. Eine Gesellschaft aus Stuttgart brachte 1572 erst im Schlosse, dann auf dem Markt-Platze „das Spiel der Historie Josephs“ zur Aufführung, und 1574 führten Stuttgarter Bürger „die Comödie Adam und Eva“, und 1607 „die Geschichte Abrahams“ vor dem Herzog auf. – Ähnlich diesen, von da an in Abgang gekommenen, Bürger-Spielen waren die Schul-Comödien, welche Lehrer mit Schülern darstellten. Der berühmte Dichter Nicodemus Frischlin führte 1575 oder 1576 vor dem Herzoge „die Comödie Rebekka“ auf und erhielt „nebst seinen Agenten“ 40 Thaler Belohnung, und am 12. Mai 1581 brachte Leonhard Engelhard, Pädagogarch dahier, mit seinen Schülern im Lustgarten „die Geschichte des Tobias“ zur Darstellung. Ebenso spielte 1590 Pfarrer Th. Birk von Untertürkheim mit seinen Schulkindern vor dem Hof und Consistorium eine von ihm verfaßte Comödie mit geistlichen Liedern über die Karten- und Würfel-Spieler. Nic. Frischlin führte 1579 seine Hildegardis und im Mai 1585 seinen Julius redivivus in lateinischer Sprache bei Hof auf. – Die erste wandernde Gesellschaft regelmäßiger Schauspieler treffen wir im Mai 1597; es waren Engländer, welche in 7 Tagen am Hof spielten und 300 fl. erhielten. Im Nov. 1603 brachte der englische Gesandte Spencer mehrere ausgezeichnete englische Musiker, Comödianten, Tragöden und Histrionen hierher, die mit der württ. Hof-Capelle ein Wett-Concert anstellten und „das Schauspiel Susanna“ aufführten; 1609 spielten hessische „Musikanten und Comödianten“, 1613 „etliche französische Comödianten“ am Hofe. 1

Schön und prachtvoll aber war die Kurzweil, welche sich um diese Zeit die Fürsten mit Hilfe ihrer Capellen schufen; denn wie häufig mit den an die Stelle der Turniere getretenen Ritter-Spielen (S. 123) dramatisch-musikalische Aufführungen verbunden waren, so finden sich solche bei festlichen Veranlassungen auch an dem Stuttgarter Hofe, namentlich unter Herzog Johann Friedrich.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 414. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0414.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)