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Winnender Vorstadt, und hat daher einen Plan der Regierung hervorgerufen, wonach diese Straße verlassen und über die Brühlwiesen geführt werden sollte. Um denselben zu beseitigen, hat die Stadt zu Verbesserung der Passage durch die Stadt namhafte Opfer gebracht: es wurden 2 Thorthürme und 5 Gebäude abgebrochen und die Straße selbst verbessert, wodurch die Stadt von 1843/46 einen Aufwand von 18.076 fl. zu machen hatte. Die Stadtmauer steht, wie schon erwähnt, nur noch theilweise, und von den früheren 3 Thoren ist das Felbacher und Schmidener, welche schon 1304 vorkommen, abgebrochen und nur noch das Beinsteiner mit einem schönen Wappen Eberhards im Bart (mit Palmbaum, Inschrift: Attempto und Jahreszahl 1491), vorhanden. Die wenigen Straßen der eigentlichen Stadt sind, wie schon erwähnt, eng und bergigt; die Vorstädte jedoch sind freundlicher. Freundlich ist auch der sogenannte Wasen: eine schattige Allee von Linden, Buchen und Pappeln, welche der Rems entlang gegen Neustadt führt. 1

Gebäude. Die Zahl der sämmtlichen Gebäude ist 609, worunter 239 Nebengebäude. Dem Staat gehören 12, der Gemeinde 14. Der Brandversicherungsanschlag ist 723.000 fl. Die merkwürdigsten öffentlichen Gebäude sind: die sogenannte äußere Kirche, außerhalb der Stadt, an der Straße nach Schorndorf gelegen, hauptsächlich Sommers benützt. Sie ist rein gothischen Styles und ihre ganze Bauart merkwürdig. In der Mitte des alten Friedhofes, frei gelegen, ist sie mit diesem von einer starken Mauer umgeben, die auf den Ecken runde, massive Thürme mit Schießscharten hatte, wovon noch einer größtentheils erhalten ist und woraus sich ergibt, daß der Kirchhof sehr fest und zur Vertheidigung bestimmt war. Sehr schön und imposant ist der Thurm: ein aus einem Viereck hervorgewachsenes Octogon, das sich durch die schöne Zusammenfügung der Quader auszeichnet. Die Kirche wurde 1459 bis 1488 auf Kosten der Familien Gaisberg, Happ, Wolfart, Kühorn, Lidhorn und Sattler von Hans Felber aus Ulm, der damit sein Meisterstück machte, erbaut, und 1480 eingeweiht, der Thurm 1488 vollendet. Die Kirche, deren Dach einst höher war, wie Spuren am Thurm erkennen lassen, ist von sehr gefälligen Verhältnissen, mit einem Haupt- und zwei Seiten-Schiffen; der schöne Chor, um mehrere Stufen höher als diese gelegen, ist leider durch eine Empore verunstaltet. An den Chor stoßen zwei Seitencapellen, deren eine, beim Sakramenthäuschen, der Familie Sattler, die andere, nordwestlich von jener, 1489 erbaut, der Happ von Happenberg zum Erbbegräbniß gedient hat. Von schöner Arbeit ist auch die aus dem Ende des fünfzehnten Jahrhunderts stammende Kanzel und das in Stein gehauene Bild

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Waiblingen. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAWaiblingen0094.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)