Seite:OAWeinsberg 046.png

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Feld allein zu bestellen. Sie sind heiter, gesprächig, neugierig, singen gerne, besonders die Mädchen, von welchen man oft schon jüngere Kinder an Thalabhängen, des Echo’s halber, steyerisch jodeln hören kann. Man hält sie für Abkömmlinge von Schweden, von denen sich (nach Sattler) 2000 Mann auf einmal in unserem Lande nach dem 30jährigen Kriege niedergelassen haben. Die ursprüngliche Race wird auch dadurch erhalten, daß sie sich äußerst selten mit Auswärtigen verheirathen.

Der Menschenschlag des Brettachgebiets, wo mehr Ackerbau und weniger Weinbau ist, erscheint auch weniger verkümmert („verbuttet“, wie man es nennt), als der des Sulmgebiets, wo der Weinbau vorherrscht und wo „der schwere Butten“ von Jugend an den Körper niederdrückt und die das ganze Jahr fortdauernde schwere Arbeit das Wachsthum hindert. Einen besonders armseligen Menschenschlag findet man hier in einzelnen Orten, wie in Höslinsülz und Weiler, wo man fast instinctmäßig das Blut durch häufiger als sonst irgendwo vorkommende Heirathen mit auswärtigen kräftigeren Naturen zu verbessern sucht. Übrigens zeigt sich der Einfluß größeren Wohlstandes und kräftigerer Nahrung auch in den Weinorten so unverkennbar, wie in den mehr ackerbautreibenden Orten des Brettachgebiets; und wenn auch die Orte des unteren Brettachthales bei größerem allgemeinem Wohlstand Leute von größerem Maße stellen, so kommen doch auch von Eberstadt, Unter-Heinrieth, Reisach und Eichelberg junge Leute, deren körperliche Beschaffenheit Nichts zu wünschen übrig läßt.

Gerade die strenge Arbeit von Jugend auf macht indessen die Bewohner des Weinsberger Thals abgehärtet, ausdauernd und kräftig und es würde hierin wohl noch besser seyn, wenn nicht in einzelnen Orten übermäßiger Genuß geistiger Getränke entschiedenen Schaden anrichtete und wenigstens Einiges zum häufigeren Vorkommen des Cretinismus beitrüge.

Dieser Cretinismus, in den geringeren Graden und Formen, als Kropf, verkümmertes Wachsthum, körperliche Krummstellung, als Übelhörigkeit, leibliche und geistige Trägheit, Lallen u. s. w., oder in den höheren Graden, als Taubstummheit, Stumpfsinn und Blödsinn, kommt nach dem Bericht des 1844 mit besonderer Untersuchung beauftragten O.A.-Arzts Dr. Rösch ungewöhnlich häufig vor in 10 Orten des Sulmgebietes, Sülzbach, Lehrensteinsfeld, Wimmenthal, Willsbach, Affaltrach, Eschenau, Weiler, Höslinsülz, und den Parzellen Buchhorn und Lennach; etwas weniger häufig in den 3 Orten: Ellhofen, Eberstadt und Weinsberg. In der unteren

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F. L. I. Dillenius: Beschreibung des Oberamts Weinsberg. Karl Aue, Stuttgart 1861, Seite 046. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAWeinsberg_046.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)