Seite:OAWeinsberg 054.png

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vielfach getragen und der Schnitt wird hinsichtlich der langen Taille und der Länge der Röcke immer modischer.

In dem an Hohenlohe angrenzenden unteren Brettachthale findet sich, wie hohenloh’sche Lebensweise und Sitte, so auch mehr hohenloh’sche Tracht, besonders in den Öhringen am nächsten liegenden Ortschaften. Hier kommt besonders bei den Männern der dreispitzige Hut mit der breiten, hochaufstehenden Krempe auf der 3. Seite, und mit dem großen Knopf am linken Aufschlag, bei dem weiblichen Geschlecht die große schwarze Schnepphaube mit den breiten, den Rücken hinab flatternden Seidenbändern vor. Bei den ältern Männern dominirt noch mehr die gelbe kurze Lederhose mit langen Stiefeln und der blaue Rock. Bei dem jüngeren Nachwuchs dagegen hat schon die blaue Tuchhose mit kurzen Stiefeln, die blau- oder schwarztuchene Stilpmütze und das blaue kurze Tuchwams die Herrschaft gewonnen. Die weibliche Kleidung ist meist von schwarzem Zeug mit ziemlich langen, faltenreichen Röcken. Die Haare sind meist unter der Haube und den Bändern verborgen und nur vorn in einem wohlgeordneten Scheitel sichtbar. Silberne, oft auch goldene Ohrringe und ein sammtnes Halsband, oder ein buntes Seidenhalstuch vollenden den Putz.

Die Hochebene, so weit sie an’s Hällische gränzt, hat hällische mit der hohenloh’schen theilweise verwandte Tracht, nur daß der eigenthümliche Dreispitzhut mit der hochaufstehenden 3. Grempe fehlt und die weibliche Haube minder bänderreich ist. Blaue Röcke mit einer engen Reihe metallener Knöpfe, Manchesterwesten und Wämser, gelbe kurze Lederhosen mit langen Stiefeln kommen hier häufiger vor; aber auch kurze Schnürstiefeln dicht mit Nägeln beschlagen und im Sommer kurze Zwilchhosen, zuweilen mit Zwilchkittel oder Zwilchwams. Die Fuhrleute und Händler tragen oft eine blaue Blouse und einen niederen runden schwarzen Hut mit einer Schnalle über einer rothgestreiften oder schwarzen Zipfelkappe. Das weibliche Geschlecht hat so ziemlich dieselbe Tracht, wie das der untern Brettachgegend. Von eigenthümlichen Gebräuchen und Volksbelustigungen kann nicht viel bemerkt werden. Das früher auch hier in manchen Orten übliche Eierlesen am Ostermontag kommt nur noch zuweilen in einzelnen Orten vor. Im Sommer belustigt sich mancher Orten Jung und Alt mit Kegelspiel in Wirthschaftsgärten oder auf einem freien öffentlichen Platze. Tänze finden an Märkten, Feiertagen, Kirchweihen und bei sogenannten lauten Hochzeiten (Wirthshaushochzeiten) statt. Bei Letzteren und bei Einzügen, nicht aber bei Taufen, ist in vielen Orten das Schießen, in der Stadt zuweilen sogar mit auf dem Burgberg aufgestellten Böllern üblich und veranlaßt eine Collation, welche

Empfohlene Zitierweise:
F. L. I. Dillenius: Beschreibung des Oberamts Weinsberg. Karl Aue, Stuttgart 1861, Seite 054. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAWeinsberg_054.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)