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besetzten Platz, ohne Zweifel den früheren Kirchhof, auf welchem die Kirche steht. Sie soll ehemals Wallfahrtskirche gewesen seyn und trägt noch jetzt in ihrem spitzbogigen Portal mit Hohlkehlen, das an der westlichen Giebelseite zwischen zwei Strebepfeilern von 13–18′ Höhe ist, so wie in den zwei spitzbogigen Fenstern der Nordseite Spuren germanischer Bauweise.

Die Jahrszahl 1733, welche sich über der Thüre der auf der Nordseite angebauten Sacristei findet, weist offenbar nur auf Erbauung der Sacristei hin. Da die Kirche für die wachsende Bevölkerung zu klein wurde, so erhielt sie im Jahr 1837 eine styllose Erweiterung auf der Südseite, wodurch jetzt der vom Langhaus in den Chor führende, spitzig zulaufende Triumphbogen aus der Mitte gegen die Nordseite verschoben ist. Der Chor hat ein Kreuzgewölbe mit Rosetten, gegen Osten und Süden je ein spitzbogiges Fenster ohne Füllung, gegen Norden sichtbare Spuren von einem, dem südlichen correspondirenden, jetzt vermauerten Fenster, da hier die Sacristei angebaut ist. Bemerkenswerth ist der das östliche Fenster verdeckende Hochaltar mit gut erhaltenem Holzschnitzwerk, darstellend Maria mit dem Jesuskind und die drei Weisen aus Morgenland. An der rechten Flügelthüre: Ankündigung und Geburt Jesu; an der linken: Maria und Elisabeth, Beschneidung. Die Draperie des Jesuskindleins wird immer wieder von andächtigen Weibern – wenn auch auf minder geschmackvolle Weise mit Hemdchen und Bändern – erneuert.

Der Thurm trägt ein spitzes, achteckiges, mit Schiefer gedecktes Dach. Als sog. Schalllöcher für die Glocken hat er zwei breite, spitzbogige Fensteröffnungen mit steinerner Füllung. Von den zwei darauf hängenden Glocken ist die größere von C. Neubert 1822 gegossen. Die kleinere, offenbar ältere, hat keine Inschrift.

Die Unterhaltung der Kirche liegt der Stiftungspflege des Orts ob.

Der Kirchhof ist seit 1595 (in welchem Jahre die Filial-Pfarrei Ellhofen mit dem Diaconat Weinsberg verbunden wurde) vor den Ort hinaus verlegt und liegt jetzt auf einer kleinen Anhöhe der östlichen Seite des unteren Dorfes.

Am unteren Ende des obgedachten freien Kirchenplatzes, über dem rechten Ufer des Ellbaches und in seinen Grundmauern von diesem Bache bespült, liegt auf der Area des abgebrochenen alten Schulhauses das im Jahr 1859 von Grund auf neuerbaute stattliche Schulgebäude, mit zwei Lehrzimmern im ersten, steinernen Stock, zugleich Wohnung für den Lehrer und Lehrgehülfen, im zweiten Stock auch Absteigequartier für den jeweiligen Pfarrer (resp. Wohnung für den künftigen Pfarrverweser). Die Baulast liegt der Gemeinde ob.

Empfohlene Zitierweise:
F. L. I. Dillenius: Beschreibung des Oberamts Weinsberg. Karl Aue, Stuttgart 1861, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAWeinsberg_216.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)