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Von dem Vorhofe des Schlosses aus führen steinerne Staffeln durch eine ca. 30′ hohe Mauer auf den Vorplatz der am Fuße des Burgberges gelegenen, über dem Schlosse und dem ganzen Städtchen erhabenen Kirche. Sie wurde im Jahr 1762 von Grund aus in modernem Style neuerbaut und an Mis. Dni. 1763 eingeweiht. Der Thurm, welcher stehen geblieben war, brannte im Nov. 1783 ab und wurde 1785 neuerbaut, und ist jetzt mit einem Blitzableiter versehen. Die Sacristei ist unten im Thurme mit einem Eingang von Außen; ebenso eine Art Chor, der aber durch die in der Mitte stehende Kanzel, und über dieser durch die Orgel verdeckt ist. Altar und Taufstein stehen unter der Kanzel in der Mitte des Schiffes, das sehr hell und geräumig ist. Die drei bei obgedachtem Brande geschmolzenen Glocken tragen die Jahrszahl 1785, und die größte mußte, weil sie zersprungen, 1832 umgegossen werden.

Von obgedachtem, mit einer Brustmauer eingefaßten Kirchenvorplatze geht man zu ebener Erde in das zweite Stockwerk des am Fuße dieser Anhöhe angebauten Stadtpfarrhauses, an dessen östlicher Vorderseite bedeckte Staffeln ebenfalls in das Städtchen hinabführen. Es ist ein altes, schon 1589 gebautes, im Grundstock, weil hinten im Berg steckend, feuchtes Haus mit wenig Sonne, als hauptsächlich gegen Norden liegend, aber, erhaben über das zu seinen Füßen liegende Städtchen, mit einer Fernsicht, wie man sie selten in einer Amtswohnung findet und die nur durch den Blick von der höher gelegenen Burg übertroffen wird. Es ist Eigenthum der Patronatherrschaft, welcher auch die Baulast obliegt.

Bedeutend tiefer, in einer Seitengasse der Mittelstadt, im sog. Schlößchen, das aber nicht mehr fürstliches Eigenthum ist, sondern von der Gemeinde und der Stiftung erkauft wurde, einem alten Gebäude mit zwei Flügeln und einem verschließbaren, ziemlich großen Hofe, wohnt der Diaconus (Helfer) und im Stockwerke unter ihm der deutsche Schullehrer.

Auf der westlichen Seite dieses Hofes hat die Gemeinde ein nur einstockiges Schulgebäude mit zwei nebeneinander befindlichen hellen, geräumigen Lehrzimmern und mit einem Wohnzimmer für den Lehrgehülfen gebaut. Eine im Jahr 1852/53 mit einem dritten Lehrer errichtete sog. Mittelschule, an welcher der Diaconus Unterricht in der Geschichte gibt, – wie er auch gegen besondere Belohnung wöchentlich 12 Stunden Unterricht in der lateinischen Sprache ertheilt – hat ihren Sitz in einem städtischen Lokale der Mittelstraße, unweit des kleinen Marktplatzes. Der dabei angestellte Lehrer wohnt zur Miethe.

Empfohlene Zitierweise:
F. L. I. Dillenius: Beschreibung des Oberamts Weinsberg. Karl Aue, Stuttgart 1861, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAWeinsberg_263.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)