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Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt

nur 55 Ruthen über den Etter auf beiden Seiten hinaus zu bauen haben soll. Des Rohrtrunkrechts, das Unter-Türkheim hat, ist oben S. 79 schon Erwähnung geschehen; gegenwärtig ruht es in dem Zehentpacht. Die Stiftungspflege gehört zu den vermöglichern des Oberamts. Im Jahre 1531 vermachte Wendel Kamm zu Almosen und Seelenmessen etc. der Kirche seine viertheiligen Weinberge nebst Gülten und 200 fl. in Geld; auf Klagen der Erben mußte jedoch später die Hälfte zurückgegeben werden. Neben der Schule besteht Sommers auch noch eine Industrie-Schule im Nähen und Stricken. Die Kirche ist ohne Filial. In den ältern Zeiten war Unter-Türkheim selbst Filial von der Stadtkirche Canstatt, und es scheint erst zu Anfang des 16ten Jahrhunderts davon getrennt worden zu seyn. Doch muß es schon frühe eine eigene Kirche mit einem Geistlichen gehabt haben; denn 1351 stiften die Unter-Türkheimer zu dem Altar der Jungfrau Maria in ihrer Kirche eine Kaplaney mit dem Vorbehalt, daß der Kaplan bey ihnen residire, das Domstift sollte dagegen das Präsentationsrecht haben, und die Stiftung der Pfarrkirche in Canstatt, der die Kirche zu Unter-Türkheim tanquam filia untergeben sey, keinen Eintrag thun. Wie i. J. 1512 ein Pfarrherr und Pfarrhaus erscheinen, ist oben schon bemerkt worden. In einem 1540 aufgenommenen Verzeichnisse kommt auch noch eine Frühmeß (Kaplaney) vor. Das Patronat der Kirche hatte von Canstatt her das Domcapitel Constanz, bis es 1802 mit den dazu gehörigen Gefällen an Baden kam, von dem es dann durch Staatsverträge 1807 an Würtemberg überging. 1

Das Dorf selbst ist eine alte Würtembergische Besitzung, und war vermuthlich eine unmittelbare Zugehörung des Stammschlosses Würtemberg, an das es gränzte. Aber schon in frühen Zeiten hatten auch andere, insbesondere Klöster und Stifte, an dem Grundeigenthum Theil genommen. Nach dem Hirschauer Codex hatte schon der Abt Bruno von Hirschau, noch ehe er Abt geworden war, diesem Kloster durch die Hand seines Bruders Conrad von

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Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1832, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCanstatt218.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)