Seite:OberamtEllwangen 742.jpg

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Der Thurm, aus prächtigen Quadern errichtet, zeigt an der Südseite den fast zerstörten öttingenschen Wappenschild, darunter die Jahreszahl 1479, und daneben trägt der Kopf eines jugendlichen Mannes, wahrscheinlich des Baumeisters, eine Konsole. Der Thurm wird vom dritten Geschoß an achteckig, wird hier oben von hohen Schallfenstern durchbrochen, an 4 Seiten von Strebepfeilern gefaßt und von einem durchbrochenen Steingeländer umgeben; das vierte Geschoß, auch achteckig, ist niedrig und das Zwiebeldach darauf aus dem vorigen Jahrhundert; die Spitze krönt ein prächtiges Schmiedeisenkreuz; im obersten Stockwerk die Jahreszahl 1705.

Das Schiff der Kirche erscheint um 20–30 Jahre jünger; an seiner Südseite ist eingemauert eine ältere gothische Steinbildhauerei, Christus auf dem Regenbogen als Weltrichter mit dem Schwert aus dem Munde, oben in den Ecken Sonne und Mond, unten zwei posaunende Engel und vier Auferstehende. Darunter die Inschrift:

Got wil das weltgericht han.
ir Doten mißen all aufstan.
maister claus haßelman . . .
got genad . . . .

Das Übrige der Inschrift ist leider ganz verwittert.

Das Innere der Kirche überrascht angenehm durch seine eigenartige und wirklich geistvolle Anordnung. Es breiten nämlich im Schiff von zwei die Mitte entlang stehenden Pfeilern die reichen Sterngewölbe mit durchstochenen Rippen sich aus. Im Westen eine tiefe steinerne unten gewölbte Empore, höchst wirksam und originell vorne nicht gerade, sondern in auswärtsgebogener Linie geführt (also in der Mitte vorspringend) und bekrönt mit sehr schönem durchbrochenen und durchstoßenen Steingeländer. Den Chor, in den Verhältnissen hoch und edel, überspannt ein herrliches Sterngewölbe, an dem sich die Rippen nirgends durchstoßen. Die Kirche erinnert bald an den Dinkelsbühler, bald an den Nördlinger Dom; der Thurm könnte von einem Dinkelsbühler Meister, vielleicht dem jungen Eseler, das Langhaus von einem Nördlinger Meister sein.

Im Chor links ein gothisches Sakramenthäuschen mit einem Engel, das Schweißtuch haltend; oben zwei Engelchen mit Kreuz und Säule. Den Hochaltar ziert ein sehr großes und schönes Altarblatt, darstellend Lukas als Maler, oben Maria mit dem Jesuskind, von Engelchen emporgetragen. Trefflich in

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 742. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_742.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)