Seite:OberamtSchorndorf0106.jpg

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Besatzung folgte das ganze Kluogische Regiment unter Oberst Rußworm, welcher erst nach dem westphälischen Frieden den 4. (14.) Juli 1650 die Stadt dem Herzog Eberhard v. Württemberg einräumte (Sattler Herzoge, 9. Beil. Nr. 23. 24, von Martens 492). Der ganze Kriegsschaden, welchen die Stadt und das Amt in den Jahren 1634–1650 erlitt, wurde auf 4.359.159 fl. 16 kr. berechnet (Rösch 65); von den 4200 Schorndorfer Einwohnern haben nur 830 die Jammerzeit überlebt. An Jacobi 1660 wurde der Gottesdienst, welcher bisher blos im Chor der Kirche gehalten wurde, in der erneuten Kirche selbst gefeiert, und vom Jahr 1679 an baute man wieder an der Vorstadt auf, welche aber nie wieder den Umfang der zerstörten erreichte. 1

Beim Einfalle der Franzosen im Jahr 1688, im Orleans’schen Erbschaftskrieg, war unter andern auch die Feste Schorndorf, von wo aus sie den Eintritt der schwäbischen Kreistruppen in Württemberg aufhalten wollten, ein Ziel ihrer Gelüste. Zuerst machte der General Montclar den 7. (17.) Dec. den Fehlversuch, durch schriftliche Aufforderung die Stadt zur Übergabe zu vermögen, hierauf wandte der französische Gesandte Juvigny am 8. (18.) bei der verwittweten Herzogin Magdalena Sibilla in derselben Absicht vergebliche Drohungen an; jedoch drang bei dem deßhalb versammelten ganzen Oberrath die Meinung durch, bei der großen Gefahr, welche von den Franzosen bevorstehe, sei kein anderes Mittel vorhanden, als Schorndorf zu übergeben. Am 14. (24.) Dec. rückte Melac mit 300 Reitern vor die Stadt; indeß kam von Herzog Eberhard Ludwig von Regensburg aus der Befehl, die Festung nicht sogleich einzuräumen, jedoch es auch nicht bis zum Äußersten ankommen zu lassen, sondern im Nothfall sich auf das Schloß zurückzuziehen, um dort einen Übergabsvertrag zu schließen. Indeß wies der Commandant Krummhaar jede Aufforderung zur Übergabe – 2000 ihm zur Bestechung angebotene Dublonen – kräftig zurück. Zur Übergabe geneigt waren übrigens mehrere Glieder des Magistrats, aber die Bürger und die Besatzung schwuren dem Commandanten Beistand mit Leib und Leben. Da erhoben sich die, durch ihre Heldenthat berühmt gewordenen Schorndorfer Weiber. Die Gattin des Bürgermeisters Künkelin, eine unansehnliche, aber kluge und beherzte Frau, verband sich mit der Frau des Wirths und Gerichtsältesten Kazenstein, die Stadt zu retten. Beide ließen durch den schlauen Weingärtner Kurz die Weiber zusammenrufen und sich rüsten; ihr Sammelplatz war das Haus der Bürgermeisterin, als Waffen dienten Ofen- und Heugabeln, Bratspieße, Kunkeln, Besenstiele, Sicheln und Stuhlfüße. Nun zogen sie compagnienweise – immer die bösesten Weiber wurden zu Offizieren gewählt und mit Degen und kurzem Gewehr ausgerüstet – auf das Rathhaus und verhinderten wirklich

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Schorndorf. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1851, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtSchorndorf0106.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)