Seite:Oberamt Aalen 049.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

b) Körperliche Beschaffenheit. Im Durchschnitt lebt hier ein gesunder, kräftiger Menschenschlag mit vorherrschend hellen Augen und Haaren, von mehr als mittlerer Größe und besonders in einzelnen Orten, am häufigsten in katholischen Gemeinden, auch hübsch, wie zumal bei dem weiblichen Geschlechte sich zeigt. Die Bewohner der Stadt scheinen, wohl in Folge des städtischen Lebens und des beständigen Zusammenheirathens, etwas nachzustehen. Durch die häufiger werdenden Verheirathungen hinüber und herüber scheinen sich übrigens die noch vor 50 Jahren weit schärfer hervortretenden charakteristischen Gesichts- und Körperbildungen einzelner Orte mehr und mehr zu verwischen. Als Resultat der Conscriptionen stellt sich nach einer 5jährigen Durchschnitts-Berechnung heraus, daß die mittlere Größe der Militärpflichtigen 5′ 8″ 23‴ beträgt. Unter 1000 Pflichtigen waren 214 6′ und darüber, während 98 weniger als 5′ 5″ hatten. Gebrechliche waren unter 1000 438. Die Zahl der wegen allgemeiner Schwächlichkeit Untüchtigen beträgt unter 1000 107, wonach der Oberamtsbezirk in dieser Beziehung mit Gaildorf gleichsteht und durch ein günstigeres Verhältniß nur von den O.A. Ulm, Blaubeuern, Göppingen und Kirchheim übertroffen wird. An Scropheln litten unter 1000 7; an Kröpfen 46; an Brüchen 21; an krankhaftem Bau der Thoraxknochen 46.

Ein hohes Lebensalter wird häufig gefunden und viele dieser Greise haben kaum einmal im Leben Arzt und Apotheke benützt. Die herrschendsten Krankheiten[1] sind entzündliche katarrhalische Leiden; weniger häufig sind rheumatische, trotz des beständig starken Luftstroms; am meisten noch gastrisch-rheumatische Fieber, unter Einfluß der gewöhnlichen Nahrungsweise. Brust- und Bauch-Wassersuchten, auch Magenverhärtungen sind gar nicht selten. Epidemisch traten in den letzten 18 Jahren zeitenweise auf: Masern, Scharlach und Keuchhusten; seltener und schon ziemlich lange nicht mehr – gastrische Fieber, Schleim- und Nervenfieber, die Ruhr 1834 und 1836. – Die Menschenblattern sind mehrere Male in verschiedenen Orten zum Ausbruch gekommen.

Eigentliche endemische Krankheiten gibt es nicht, auch nicht bei den Bergleuten (die einer besonders guten Gesundheit sich erfreuen, unterstützt durch ihre gewöhnliche Solidität) und Hüttenarbeitern, wo nur Rheumatismen häufig vorkommen, in Folge von Verkältungen.

Kröpfe sind nicht häufig und von Cretinismus kaum eine Spur (in Hüttlingen), indem auch die Thäler luftig sind und die Gewässer fast überall starken Fall haben, weßwegen kalte Fieber ebenfalls selten vorkommen.


  1. Nach gütigen Mittheilungen der beiden O.A.-Ärzte Dr. Baumann und Dr. Hartmann.
Empfohlene Zitierweise:
: Beschreibung des Oberamts Aalen. J. B. Müller's Verlagshandlung, Stuttgart 1854, Seite 049. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Aalen_049.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)