Seite:Oberamt Leutkirch 173.png

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Die Abtei Roth war ein Vermächtniß aus dem an bedeutenden Klosterstiftungen so reichen zwölften Jahrhundert.[1] Die ältesten, in diesem Kloster aufbewahrten Nachrichten erzählen von seiner Gründung Folgendes: Der Stifter des schnell zu großem Ansehen aufgeblühten Prämostratenser-Ordens, der h. Norbert, Erzbischof von Magdeburg, von welchem dieser Orden auch den Namen der Norbertiner führt, kam 1126 auf einer Reise nach Italien durch Oberschwaben und Graubündten. Hemma (Emma), die fromme und reiche Wittwe Heinrichs von Wildenberg, eines rhätischen Edeln, die aus Oberschwaben stammte und am Flüßchen Roth begütert war, fühlte sich durch die Nähe des heiligen Mannes bestimmt, dort ein Norbertiner Kloster zu stiften und demselben alle ihre schwäbischen Allodien zu vergaben. Dieß geschah in demselben Jahre 1126 mit Zustimmung ihrer beiden Söhne Cuno und Reiniger,[2] und Norbert sendete aus dem Hauptkloster Prämonstrato einen Burchard als Probst hieher. Die Stiftung wurde der heil. Mutter Gottes und der heil. Verena gewidmet. Die Stiftungsgüter, wie sie die Bestätigungsbulle des Papstes Eugen III. vom J. 1152 aufzählt,[3] waren sehr ansehnlich und erstreckten sich weit über den Umfang des nachmaligen Klostergebiets (der jetzigen Standesherrschaft), während an letzterem anfänglich auch Andere mit Grundbesitz, Gefällen und Rechten betheiligt waren. Allmählig erst rundete sich der Güterkomplex des Klosters mehr ab, indem viele der näher gelegenen Besitzungen (s. Haslach, Kirchdorf, Spindelwaag) erworben, die entfernteren aber, z. B. bei Wangen, im Zeilschen und auf der Alp, größtentheils veräußert wurden. Nach der Sitte jener Zeit bestand von Anfang an neben dem Mannskloster auch


  1. Roth hat einen wackern Geschichtschreiber gefunden an einem seiner Conventualen, P. Benedict Stadelhofer, der aus archivalischen Quellen die Geschichte des Klosters zusammenstellte, und die wichtigsten urkundlichen Belege abdrucken ließ, in dem Werke: Historia imperialis et exemti Collegii Rothensis in Suevia, ex monumentis domesticis et externis, potissimam partem ineditis, eruta per Ben. Stadelhofer, Roth. Canon., p. t. Priorem. Vol. I. et II. Aug. Vind. 1787. 4. Diese beiden Bände gehen bis zum Jahr 1630. Der dritte und letzte Band, welcher die Geschichte der Reichsabtei bis zum Jahr 1786 fortführt, ist nicht gedruckt worden, und befindet sich, von der Hand des Verfassers geschrieben, im Besitz des Königl. Stat. top. Bureau.
  2. Vergl. Stadelh. Dissert. de condit. familia (I. S. 4 ff.). Die Burg Freudenberg in Graubündten war der Sitz der Wildenbergschen Familie (s. Urk. v. J. 1302 bei Stadelh. I. S. 140).
  3. Stadelh. I. S. 44 ff.; vgl. S. 9 ff. Die Stiftungsurkunde selbst ging bei dem Brande 1181 zu Grunde. Der Abdruck der Bulle bei Lünig (XVIII. I. S. 450) ist mangelhaft.
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Beschreibung des Oberamts Leutkirch. Stuttgart und Tübingen: Cotta, 1843, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Leutkirch_173.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)