Seite:Oberamt Riedlingen 136.jpg

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über auch längere Zeit abwesend seyn. Sie wohnten in einem Gebäude beysammen, die Fürstin Äbtissin in seinem daran stoßenden Flügel. Jedes Stiftsfräulein hatte 3 Zimmer und ihre eigene Bedienung. Es fand zwar eine allgemeine Küche statt, aber an einen gemeinschaftlichen Tisch waren sie nicht gebunden. Jede hatte ihre eigene Präbende. Der eigentliche Zweck der Anstalt, der Gottesdienst an der Stiftskirche, wurde durch Stiftsgeistliche versehen; den Stiftsfräulein lag jedoch ob, mit einem Caplan, der deßwegen Hofkaplan hieß, die kirchlichen Tagzeiten zu beten. Die Stiftsgeistlichen bestanden in 2 sogenannten Canonicis, wovon der erste, der eigentliche Stiftspfarrer, Großcanonicus der andere Kleincanonicus hieß, und in 5 Caplanen. Sie bildeten eigentlich einen Bestandtheil des Stifts, da sie nicht nur die Kirche zu versehen, sondern, nach einer päpstlichen Verordnung 1415, die „4 Canonici“ oder Chorherrn mit den Chor- oder Stiftsfräulein Sitz und Stimme in dem Capitel hatten und deßwegen auch Capitularen hießen. Die Aufnahme eines Stiftsfräuleins, so wie die Wahl der Äbtissinn geschah durch das Capitel. Ein jeweiliger Kaiser hatte als Schutzherr das Recht, während seiner Regierung 1 Präbende zu vergeben. Bedingung der Aufnahme war gräfliches oder freyherrliches Geschlecht.

Das Stiftsgebiet war sehr zerstreut und von mannigfaltiger Natur. Es gehörten dazu: 1) die umliegenden, S. 4 genannten Orte; 2) die Herrschaft Straßberg, mit Straßberg, Fronstetten und Kaiseringen, worin die Äbtissinn die Landeshoheit hatte; 3) als Östr. Lehen der Äbtissinn, die Vogteyen Oggelsbeuren, Renhartsweiler und das Amt Bierstetten, wozu Bierstetten, Bondorf, Steinbrunn gehörten, nebst dem Zehnten zu Moosheim[1]; 4) die unten genannten 12 Abtey-Maierhöfe und sogenannten Corneliergüter in vielen Ortschaften; 5) Zehnten in 35 Orten; 6) Patronate


  1. Östr. Lehen waren auch die Hoheitsrechte über Kappel, Dürnau, Kanzach u. den Ottobeurer, Henau- und Bruckhof.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Riedlingen. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1827, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Riedlingen_136.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)