Seite:Oberamt Saulgau 182.jpg

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wurde 1505 eingeweiht. Aber offenbar ist das Schloß auf den Grund eines ältern gebaut, das vermuthlich schon den alten Gaugrafen von der Scheer zum Sitze gedient hat. Zu Ende des 13ten und Anfang des 14ten Jahrhunderts saß hier der Östr. Landvogt Schiltung, ein berühmter Mann seiner Zeit, der von da aus auch die Grafschaft Sigmaringen und die Vogtey Mengen verwaltet zu haben scheint. Während des Erbtruchseßischen Besitzes war das Schloß immer Residenz. Die Pfarrkirche zum h. Nikolaus ist nicht unansehnlich. Sie wurde ebenfalls von dem Grafen Andreas und zwar nach den Angaben i. J. 1509 erbaut, wahrscheinlich aber in diesem Jahre nur vollendet; denn außen an dem Chor steht die Jahrzahl 1492 mit dem Namen Andreas, und dem Wappen des Grafen. Unter dem Chor befindet sich eine Gruft der Erbtruchseßen, vormaligen Herren von Scheer. In der Kirche wird, außer mehreren heiligen Leibern, das Haupt, oder vielmehr ein Theil des Schädels von dem h. Wunnibald aufbewahrt, das durch eine Schenkung zweyer Markgrafen von Brandenburg an die Erbtruchseßen i. J 1606 in die Kirche gekommen ist. Im J. 1747 wurde die Kirche neu hergestellt; von dieser Zeit sind auch die ziemlich plumpen und nicht unanstößigen Deckengemälde darin. Die Baulast der Pfarrkirche, der Capelle und der Caplaney-Gebäude liegt auf der Kirchenpflege und der Procuratorie; die des Pfarrhofes auf dem Pfarrer. Die 4 Capellen sind 1) die Schloß-Capelle, 2) Georgs-Capelle, 3) die Loretto-Capelle, 4) die Gottesacker-Capelle zu St. Oswald, worin aber in keiner mehr Gottesdienst gehalten wird. An der Pfarrkirche standen früher neben dem Stadtpfarrer 11, und bis in die letzte Zeit noch 8 Caplane, jetzt sind es noch 2, wovon der eine zugleich das Präceptorat zu versehen hat[1]. Obgleich die Pfarrey


  1. Von obigen 11 Caplaneyen wurden 6 von den Grafen, 1 von dem Dekan v. Reichle, 1 von einem Pfarrer Stübenhober zu Saulgau, und 3 von den Bürgern gestiftet. Ihre Einkünfte werden unter dem Namen Procuratorie von einem Caplan verwaltet. Das Vermögen besteht in einem Capitalfonds von 70.000 fl., in Lehenhöfen, Zehnten etc., und ist auf 126.000 fl. berechnet. Mit den Einkünften sind neuerlich mehrere auswärtige Pfarreyen verbessert worden.
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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Saulgau. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1829, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Saulgau_182.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)