Seite:Oberamt Tettnang 133.jpg

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Manzell gehörte früher, unter der Landeshoheit der Östreichischen Landvogtei, dem Kloster Weißenau, und zuletzt unter Würtembergischer Landeshoheit dem Grafen von Sternberg. Es bildete zur Klosterzeit mit Kappel, Weiler an der Ach, Steinach und mit Theilen von Schnetzenhausen und Berg ein eigenes Amt, das Klosteramt Manzell. Der kleine Ort hatte vormals eine eigene Kirche mit den Rechten einer Pfarrkirche und einem eigenen Pfarrgeistlichen. Diese Kirche, welche theilweise noch steht, war eine der ersten und ältesten christlichen Kirchen am Bodensee, welche urkundlich schon im 9ten Jahrhundert mit einem eigenen Priester versehen und nach allen Umständen schon lange vorher der Sitz frommer Andacht war. Die Kirche wurde im Jahr 1751 von dem Abt Antonius zu Weißenau neu hergestellt, und behielt, wie wir später sehen werden, ihre Bestimmung bis zur großen Auflösung im Jahr 1802.

Manzell hat seinen Namen und Ursprung ohne Zweifel von einer Zelle des heiligen Magnus, Mang – Magni cella, worin entweder ein Jünger des heiligen Mang oder der Heilige selbst sich seinem der Verkündigung des Christenthums geweihten Beruf widmete. Gallenzell hieß ehemals auch St. Gallen, von der Zelle des heil. Gallus. Mangenzell wird der Name Manzell noch vom Volk gesprochen, und bis gegen das Ende des letzten Jahrhunderts fand alljährlich am zweiten Pfingstfest von Weißenau aus der sogenannte Magnusritt statt, eine Art von Weingarter Blutritt, wobei der zu Weißenau aufbewahrt gewesene Theil von dem Blut Christi, in feierlicher Procession zu Pferd, nach Manzell gebracht und dort zur Anbetung ausgesetzt wurde.[1]

Manzell kommt wiederholt schon sehr frühe in Urkunden vor: eine Urkunde vom 12. Mai 818 über eine Schenkung eines gewissen Werinpert, zu Wechsetsweiler, an das Kloster St. Gallen ist in Manzell selbst ausgestellt – Actum in Cella quae nuncupatur Majoris. Nach einer andern Urkunde übergibt der Priester Pero im Jahr 897 demselben Kloster St. Gallen seine Güter im Thurgau, unter der Bedingung, daß ihm nach dem Ableben des


  1. Der heilige Mang war nach der gewöhnlichen Meinung ein Schüler des im Jahr 627 zu Arbon, Manzell gegenüber, verstorbenen heiligen Gall und gilt für den Apostel des Algaues oder den Verbreiter des Christenthums in den obern Illergegenden, wohin er sich vom Bodensee aus gewendet hat. Er selber soll im Jahr 660 gestorben seyn. Vergl. Neugart, von Arx, von Koch-Sternfeld u. A., wogegen Placidus Braun u. A. neuerlich das Zeitalter des Heiligen um mehr als ein Jahrhundert später annehmen und in die Zeit von 698 bis 775 setzen.
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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Tettnang. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1838, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Tettnang_133.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)