Seite:Oberamt Ulm Seite 136.jpg

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Daß Ulm und seine Einwohner auch in wissenschaftlicher Beziehung nicht zurückblieben, ist bereits früher bemerkt worden; besonders eifrig wurde schon frühe die Arzneikunde daselbst gepflegt, so daß die Stadt häufig von Fürsten und Herren um ihre Ärzte gebeten wurde. Doch scheinen die Ärzte auch hier noch zu Anfang des 15. Jahrhunderts selten gewesen zu seyn. 1409 kommt erstmals Jak. Engelin als Arzt der Stadt vor, und 1418 wurde ein Hans Resch, der in Wien studirt hatte, auf 10 Jahre in Bestallung genommen, mit einem Gehalte von 200 Goldgulden und einer standesmäßigen Behausung, oder statt deren – 15 fl. Hauszins. Eine Apotheke hatte schon 1327 „Herr Hans der Appentegker,“ und 1364 waren schon 2 Apotheken in Ulm, während das Herzogthum Würtemberg 100 Jahre später noch nur eine einzige in Stuttgart hatte.

Ulm war auch eine der ersten Städte in Schwaben, welche eine Buchdruckerei hatte. Schon 1473 wurden mehrere Werke in Ulm von Joh. Zainer aus Reutlingen gedruckt, und das Jahr vorher, 1472, hatte einer Namens Ludwig ein Buch, „Versuchung des Teufels“ etc, wovon die Worte in Holz geschnitten waren, gedruckt. Der Buchdruckerei folgte übrigens bald auch die Censur nach; 1509 befahl der Rath, kein Buch ohne seine Erlaubniß zu drucken. Später wurde eine eigene Censurstelle errichtet, zu der 1718 auch ein Politicus gezogen wurde, weil sich die Censur nicht mehr blos auf theologische, sondern auch auf politische und andere Schriften erstrecken sollte. Nach einer Raths-Verordnung von 1720 war insbesondere darüber zu wachen, „daß E. E. Rath durch den Druck von Büchern keine Ungelegenheit zuwachse.“

Unter den polizeilichen Anstalten früherer Zeit verdienen bemerkt zu werden:

Ein Findelhaus für ausgesetzte und verwaiste Kinder. Es war schon 1386 so gut dotirt, daß es zwei Pfleger hatte, welche der Rath setzte. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts belief sich die Zahl der Findel- und Waisenkinder über 200.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Ulm. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1836, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Ulm_Seite_136.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)