Seite:Oberamt Waldsee 161.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Patronat-Recht ist königlich. Die Grundlasten bestehen in 829 fl. Geld- und in 1034 fl. zu Geld gerechneten Natural-Gefällen.

R. hat eine sehr angenehme Lage in einer weiten Ebene und wird von einem Mühlbach bewässert. Es ist weitläufig gebaut, und hat eine große und schöne Pfarrkirche und ein fürstl. Schloß, ehemals Kloster, ein Rathhaus, 3 Schildw., 2 Brauereien; die Einwohner nähren sich zum Theil von Leinenweberei, Musselinstickerei, eine Familie vom Hausirhandel mit Büchern. Die Pfarrkirche, zugleich Wallfahrtskirche, steht auf einem die ganze Gegend beherrschenden hohen Hügel mit 60 Staffeln. Am Fuße des Hügels steht das ansehnliche 1739 erbaute Pfarrhaus mit 2 schönen Gärten. Die Kirche wurde im Jahr 1635 an die sehr alte Kirche angebaut; sie hat ein schönes Altar-Gemälde, Mariä Himmelfahrt vorstellend. Die Baulast hatte früher das Kloster Waldsee, dann der österreichische Religionsfonds und jetzt der Staat. Auf demselben Hügel neben der Kirche steht das vormalige Franziskaner Frauenkloster Reute, jetzt fürstl. Schloß und Fruchtkasten, von einem f. Revierjäger und fünf Pensionären bewohnt. Das Kloster wurde im Jahr 1730 auf dem Platze der im 30jährigen Kriege 1633 abgebrannten Schwestern-Clausur neu aufgebaut. In dem Weissenauer Hausbuche wird des Klosters schon 1230 als einer neuen Pflanzung gedacht. Es war anfänglich wahrscheinlich eine Sammlung von Beguinen, die im Jahr 1407 von dem Propst Konrad Kügelin zu Waldsee reformirt und der Clausur unterworfen wurde. Da Kügelin dem Kloster auch zeitliche Wohlthaten zufließen ließ, so wird er gemeiniglich als dessen Stifter angesehen. Unter den von ihm aufgenommenen neuen Ordens-Schwestern war auch die unter dem Namen der guten Betha bekannte Elisabeth Achler, geb. zu Waldsee den 25. Nov. 1386, die im Rufe der Heiligkeit und Wunderthätigkeit 1420 starb, und 1766 von dem Papst Clemens XIII. selig gesprochen wurde. Zu ihrem Grabe strömten aus weitem Umkreise immer eine Menge Wallfahrer. Ihr Leib ist schön gefaßt in einer Seiten-Capelle


Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Waldsee. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1834, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Waldsee_161.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)