Seite:Oberamt Welzheim 043.jpg

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nicht mehr bunte Bänder in die Zöpfe flechten, sondern sollen letztere innerhalb der Jacke angeheftet tragen. Unternimmt eine Wöchnerin (Lorch) den ersten Kirchgang, so wird alsbald hinter ihr die Hausthüre geschlossen und darf nicht eher geöffnet werden, als bis die Heimkehrende, die unterwegs mit Niemand reden soll, anpocht. Bis zur Taufe darf das Licht nicht ausgelöscht werden. So lange ein Todter im Hause liegt, soll (ebenda) nicht in der Erde gearbeitet, auch nichts unternommen werden, womit kreisförmige Bewegungen (wie beim Spinnen am Rad, beim Fahren) verbunden sind. Der männliche Theil der Leichenbegleitung zieht mit bedeckten Häuptern zur Kirche und nimmt während des Gottesdienstes die Kopfbedeckung nicht ab. – Viele ältere Volksgebräuche, zumal in größeren Orten, verschwinden übrigens zusehends.

Die Mundart ist eigentlich nur die breite schwäbische, aber nicht so breit, als auf der Alp, mit einem etwas jüdelnd singenden Ton, der ein fränkischer Anklang ist. Jedoch wird das P wie Pf und das S am Schlusse wie Sch ausgesprochen; letzteres aber nicht überall und in allen Wörtern, indem sie nicht „Weitmersch,“ sondern „Weitmers“ und nicht „Allesch,“ sondern „Elles“ sprechen.

Wie schon oben erwähnt, besteht auf dem Walde Majoratsrecht, indem der Hof dem Erstgebornen, Sohne oder Tochter, gegen billigen Anschlag („Kindskauf“) und zwar gewöhnlich sehr frühe, schon bei des Vaters Lebzeiten, überlassen wird, wobei sich der Vater ein sogenanntes „Ausding“ an Früchten und andern Lebensbedürfnissen, oder die Mitgenießung einiger Grundstücke vorbehält. Im Übrigen gilt die landrechtliche Errungenschafts-Gesellschaft.


IV. Wohnorte.

1. Orte.
A. Zahl, Gattung und Areal.

Im Ganzen zählt der Oberamtsbezirk 204 Wohnplätze, nämlich 1 Stadt, 11 Dörfer, 90 Weiler, 76 Höfe und 26 Mühlen und andere einzelne Wohnsitze. Unter den Dörfern befinden sich 6 Pfarrdörfer, wovon 5 Marktrecht haben, unter den Weilern 1 Pfarrweiler und unter den einzelnen Wohnsitzen 1 vormaliges Kloster.

Der Flächenraum von sämmtlichen Gebäuden und Hofstätten beträgt 381 Morgen.


Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Welzheim. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 043. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Welzheim_043.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)