Seite:Oberamt Welzheim 183.jpg

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welche aber zerfielen, gefunden worden seyn sollen. Die noch im Chor befindlichen Grabsteine reichen über das sechzehnte Jahrhundert nicht hinaus. Die Baulast liegt der örtlichen Stiftungskasse ob. Nahe bei der Kirche steht noch das in einzelnen Theilen erhaltene Collegiatgebäude.

b) Das mitten im Orte, an der Hauptstraße gelegene Forstamtsgebäude, bis 1820 das Oberamteigebäude, und

c) das nächst dabei gelegene, 1715 erbaute Pfarrhaus, und das in der Nähe des Rathhauses stehende, 1679 erbaute Diaconathaus, sowie das 1829 neuerbaute, geräumige Schulhaus. Das Cameralamtsgebäude befindet sich in dem

d) Kloster Lorch, nordöstlich vom Dorfe 1/4 Stunde entfernt, auf einem westwärts sich neigenden Bergvorsprunge des welzheimer Waldgebirges gelegen, der einst Marien- oder Liebfrauen-Berg genannt wurde. Unten führt die vorerwähnte Landstraße vorüber. Die Umgebung ist freundlich-mild, und vom „Lug ins Land“ auf dem Berge, der sich mit seinem dunkeln Waldhintergrunde beim Eintritt in das Thal alsbald dem Auge darstellt, eröffnet sich eine liebliche Aussicht. Der Weg, der zunächst an der uralten von etlichen Nachkommen umgebenen Linde vorbeiführt, scheint ehemals mit Stationen versehen gewesen zu seyn. Der ebene Raum und Bergrücken ist beinahe 6 Morgen groß und von einer Ringmauer umgeben, die gegen Osten den Haupteingang und gegen Westen einen kleinen Ausgang hat. An der Nordecke steht ein runder, alter, nachmals als Gefängniß benützter Thurm; der letzte Rest der vormaligen Bevestigung dieses Platzes, wo die Umwohner oft eine Zufluchtsstätte gefunden. Der sehr wasserreiche Berg bringt im Frühling die ersten Veilchen. Außer dem sehr freundlichen Cameralamts-Gebäude ist noch die zum Fruchtkasten eingerichtete vormalige Abtey mit dem anstoßenden gothischen, schön gewölbten Kreuzgang bemerkenswerth. Die Zellen sind noch zu erkennen, und in dem Refectorium mit hohen Fensterstöcken, sowie im obern Stockwerke sind noch Malereien sichtbar. Über einige hier gefundene byzantinische Baureste s. bei Heideloff Ornamentik des Mittelalters, Heft 4. Vor Allem aber verdient die Klosterkirche Aufmerksamkeit. Sie ist dreischiffig, in der Form eines lateinischen Kreuzes gebaut, 126′ lang und 53′ breit und ihre theils rundbogigen, theils spitzbogigen Öffnungen verrathen schon von Außen ihr ehrwürdiges Alter. Der Eindruck wird leider durch den geschmacklosen Giebelbau und Dachstuhl aus der Neuzeit geschwächt. Betreten wir das Innere, so können wir uns eines ahnungsvollen Grauens bei dem Gedanken nicht erwehren, daß wir hier über den Gräbern der Hohenstaufen wandeln; Erinnerungen, welche auch im nüchternen Beschauer

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Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Welzheim. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 183. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Welzheim_183.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)