Seite:Oberamt Welzheim 197.jpg

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solle. Nun wurde zur Unterstützung des Pfarrers die noch bestehende Stelle eines Helfers geschaffen. – Während das Kloster im dreißigjährigen Kriege von Katholiken besetzt war, wurde auch hier die neue Lehre verdrängt und wurden Meßpriester wieder eingesetzt. Die Frauen Lorchs sollen aber hiebei ebenso viel Entschlossenheit wie jene Göppingens (Beschreibung des OA. S. 142) gezeigt und an einem Weihnachtsfeiertage 1648, als bereits wieder ein evangelischer Prediger ernannt war, den eingedrungenen Meßpriester von der Kanzel und Kirche verjagt haben.

Der große und der Heu-Zehente gehörte dem Kloster Lorch; einen Bezirk, wo er der Dechaneipfründe, und einen andern, wo er der Custoreipfründe zustand, ausgenommen. Der kleine Zehente gehörte ebenfalls dem Kloster; ausgenommen einen Bezirk, wo ihn die Dechaneipfründe allein, einen andern, wo diese und das Kloster ihn je zur Hälfte, einen weiteren, wo ihn die Custoreipfründe allein zu beziehen, und wieder einen, wo diese ihn mit dem Kloster zu theilen hatte. Wie die von der Dechanei und einer zweiten Pfründe herrührenden Zehenten und andere Grundgefälle vom Domstift Augsburg an die Krone Bayern und dann in die Hände der jetzigen Besitzer gelangten, s. oben S. 88; die Zehenten und andere Gefälle, womit die zwei andern Pfarreien ausgestattet waren, giengen dagegen an die geistliche Verwaltung über.

Eine Burg stand, alten Chroniken gemäß, einst auf dem Klosterberge. Hienach hatte dieselbe zu den Zeiten Pipins ein Herzog Marsilius von Schwaben im Besitze, der auch hier begraben seyn soll. Welchen Glauben diese Nachricht verdient, können wir hier nicht untersuchen; gewiß aber ist es, daß die Burg etwa drei Jahrhunderte später in den Händen desselben edeln Geschlechtes war, welchem die Hohenstaufen entsprossen, da die Gründer der Stiftskirche und des Klosters hier saßen. Ohne allen Zweifel wurde sie auf den Fundamenten eines römischen Grenzkastelles erbaut, das nothwendig hier gestanden haben muß, denn der sog. Steinweg bei der Linde lag ganz hart an dem Römerwall.[1] Wir werden hienach finden, daß die Burg dem Kloster für seine Zwecke eingeräumt ward. Von ihr scheinen die oben erwähnten zwei Seitenthürme der Klosterkirche hergestammt zu haben, davon der auf der südwestlichen Ecke, der sog. „Marsiliusthurm,“ noch ziemlich erhalten ist. Er ist trefflich gearbeitet, hat eine sehr schöne Wendeltreppe ohne


  1. Auch der älteste Name „Laureacus“ oder „Laureacum“ (wie ihn noch die päpstl. Bulle von 1136 nennt), spricht dafür. Den Chroniken nach rührt er von den wilden Lorbeerbäumen, wie in alten Zeiten die Stechpalme oder Stecheiche genannt worden seyen, her, die auf dem Berge gestanden haben sollen.
Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Welzheim. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Welzheim_197.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)