Seite:Palatinatus Rheni (Merian) 011.jpg

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mitten in dieser Gegend ohngefehr ist ein alte / etwan Tischs / oder Bancks Höhe / zu beyden Seiten erhabene / und gepflasterte gantz richtige Straße / die zwerch über den Hunesruck / von Bacharach / biß gen Berg Castel / und von dannen fort biß gen Trier / und durchs Land Lützelburg / gehe. Es seynd fast alle Dörffer der Hunnen in dieser Nachgöwe / mit ihren Mauren / oder doch tieffen Gräben / umbgeben / wie Freherus schreibet / in Ausonii Mosella pag. 9.

Es ist allhie die Graffschafft Spanheim / so vor Zeiten eygne berümbte Grafen gehabt; folgends aber zum theil den Herren Pfaltzgrafen bey Rhein; zum theil den Herren Marggrafen zu Baden / gehört hat. Dann Frau Elisabeth / Gräfin zu Spanheim / und Frau zu Creutzenach / Pfaltzgraf Ruprechts Pipan hinderlassene Wittib / so Anno 1416. gestorben / dem Churfürst Pfaltzgraf Ludwigen mit dem Bart / bey Leben ihres Vettern / deß letzten Graf Johann von Spanheim / den fünfften Theil an der vorderen Graffschafft / vermacht hat. Besagter Graf Johann war dritter Erb bey der Graffschafft Spanheim / und die andern zwey Drittheil solten fallen / durch seines Vattern zwo Schwestern / auf Baden / und Veldentz. Da aber dieser Graf Johann Anno 1437. ohne leibliche Erben abgieng / haben die zwo Schwestern / oder ihre Kinder / die gantze Graffschafft geerbet / ohne das fünffte Theil / das vorhin dem Pfaltzgrafen vermacht war. Eine dieser zwo Schwestern / nemblich Mechtild / hat gehabt Marggraf Rudolphen zu Baden / die andere Loreta / Heinrichen Grafen von Veldentz / deren Sohn gewesen Graf Friederich / so ein einige Tochter / Nahmens Anna / verlassen / die Pfaltzgraf Stephan geheuratet / und durch sie Graf zu Spanheim / und Veldentz worden ist; und hatte er die Graffschafft Zweybrüggen von seinem Vatter; wie Münsterus lib. 5. Cosmogr. cap. 163. schreibet. In einer geschriebenen Verzeugnuß stehet von dieser Graffschafft also: Es ist die gantze Revier deß Hunsrucks / vor Zeiten / fast gantz der alten Grafen von Sponheim / und in 2. Graffschafften abgetheilet gewesen / als die Unter (oder Vorder) da Creutzenach ist / und die Hinder / nach der Mosel / und Trarbach / (daselbsten bey Herstein / das beste Kupffer / so in allen Landen mag gefunden werden / seyn solle.) Es hat auß ihnen Graf Eberhard von Sponheim erstlich Anno 1044. die reiche Pfarrkirch zu Sponheim (oder Spanheim) in die Ehr der H. Jungfrauen Mariä gestifftet; darauff Graf Meginhardus Anno 1123. ein stattliches Closter / und Abtey / zu Ehren der H. Jungfrauen Mariä / und deß H. Martini / unter der Regul S. Benedicti, darauß gemacht / und überauß mächtig gezieret / und begabet / und allwegen den ältisten auß seinem Geschlecht der Grafen von Sponheim / und Herrn zu Creutzenach / zum Castenvogt / Beschirmer / und Beschützer solches Closters / verordnet. Unter seinen Nachkommen haben Anno 1278. und 9. zween Brüder / Johann und Heinrich / Grafen von Sponheim / einen schwehren Krieg wider einander geführt / und hat der Jüngere dem Ertzstifft Mäyntz etliche Güter / und unter anderm das Schloß Beckelnheim / mit aller seiner Zugehör / um 1400. Marck verkaufft. Anderswo stehet / daß die Vordere Graffschafft in fünff Theil abgetheylet seye / deren der eine der Churtheil / so Chur Pfaltz jederzeit ingehabt; ferners solche / mit Simern / noch 2. Theil ererbt; die übrige zwey Fünfftheil habe die Ober-Marggraffschafft Baden innen; die Hindere-Graffschafft Sponheim gehört auch Baden zum halben Theil; der ander halbe Theil aber den Pfaltzgrafen von Birckenfeld.

Was obbesagtes Zweybrüggen anbelangt / so gräntzet selbiges Pfaltzgräfisches Land mit der Untern-Pfaltz / dem Westerrich / und dem Elsaß; und wird vom Frehero part. 1. Origin. Palatin. c. 12. zum Wassigöw / oder Waßgöw / gezogen / welches vom Wald Wosago den Nahmen / und davon Heliseus Rößlin Medicus zu Hagenaw / ein eigenes Büchlein geschrieben hat. Hub. Thomas Leodius schreibet in dem Leben Churfürsts Friderici II. lib. 6. pag. 137. daß das Waßgöw ein Berg / und Strich Landes seye / so die Pfaltz vom Hertzogthum Lothringen unterscheide. Obgedachter Freherus meldet / daß der sehr grosse Wald Vosagus jenseit Rheins / in Teutschland / wegen der Fränckischen Könige Jagden / sehr berühmt seye / und daß auch in Lothringen ein Strich Landes / le pais de Vosges genannt werde; so die alten Francken pagum Vozensem, oder Vonzensem,

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Matthäus Merian: Topographia Palatinatus Rheni. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1645, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Palatinatus_Rheni_(Merian)_011.jpg&oldid=- (Version vom 25.9.2022)