Seite:Proehle Kinder- und Volksmaerchen 103.jpg

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waren, und die Stallknechte kamen herzu, um das Pferd langsam am Zügel auf dem steilen Wege die Mauer hinan zu führen. Aber das lief das Gerüst hinan wie eine Katze. Alle Minister und Räthe sahen ihm zu, denn es war für das ganze Land von Wichtigkeit, ob das Pferd herabstürzen würde, und wenn es sich droben erhielt, so ward der Bauernsohn König.

Wie das Roß des weißen Männchens auf der Mauer war, da war es, als wäre es als Füllen dort auf der Mauer von seiner Mutter geworfen, als wäre es dort gesäugt und sein Lebtage geweidet worden, denn es machte ganz curiose Sätze, sodaß alle Minister und Räthe sich des Todes verwunderten und der alte König, der ein Pferdekenner war, sagte, er habe nicht geglaubt, daß er ein solches Pferd in seinem Marstall habe. Und so galoppirte es vierundzwanzigmal mit dem Bauernsohne um die Mauer herum, und warf dabei immer ganz vergnügt den Kopf auf und ab, und als beim vierundzwanzigsten Male die Stallknechte wieder das Gerüst, das unterdessen weggenommen war, an die Mauer legten, um das Pferd mit dem Bauernsohne herunter zu lassen, da sprang es, wie eine Katze, mit seinem Reiter von der Mauer herunter mitten unter die Stallknechte, sodaß die vor Schrecken das Gerüst zu Boden fallen ließen.

Wie nun der Bauernsohn wieder unten auf der Erde war, da gab ihm der König das Königreich und als Gemahlin seine Tochter, die weigerte sich jetzt nicht länger, den Bauernsohn zu freien. Als der ihre Hand ergriff und mit der Linken noch das Roß des weißen Männchens am Zügel hielt, da drängten sich die Reitknechte, um es ihm abzunehmen, und siehe da! mitten unter den Reitknechten war auch das weiße Männchen, das wurde fast von ihnen erdrückt, drängte sich aber doch durch und nahm es ihm ganz

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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_103.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)