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dem überall Kisten und Tonnen umherstanden, wie das nun so in einem alten Kaufmannshause zu sein pflegt. Einmal rannte der Wirth gewaltig an eine Häringstonne an, sodaß er vor Schmerz laut aufschreien wollte. Allein die Magd kniff ihn so fest in den Arm, daß er im Augenblicke wieder zu sich selbst kam und das Schreien vergaß. So gelangten sie auf die Kammer der Frau und da kroch der Wirth unter das Bette.

Hierauf entfernt sich die Magd und nach einer kleinen Weile tritt die Kaufmannsfrau in die Kammer und trägt ihr Kind auf der Linken und in der rechten Hand hält sie eine Kerze. Die Kerze stellt sie auf einen kleinen Seitentisch und legt das Kind in die Wiege neben dem Bett. Darauf beginnt sie sich auszukleiden, und bevor sie ihr Nachtzeug anlegt, wirft sie auch das Hemd ab und nimmt ein frisches. Und dabei sieht der Gastwirth, daß sie ein Muttermal wie eine Linse groß an der Schulter hat. Hierauf zieht sie ihren Trauring vom Finger und legt ihn neben ein kleines Nachtlicht, das sie anzündet. Neben das Nachtlicht legt sie auch das Halsgeschmeide, das ihr der Kaufmann von der letzten Messe mitgebracht hat, und steigt ins Bett.

Als sie nach kurzer Zeit etwas schwerer Athem holt und der Gastwirth merkt, daß sie eingeschlafen ist, kriecht er unter dem Bette hervor, tritt gar leise auf und steckt den Ring und das Halsgeschmeide, das neben dem Nachtlichte auf dem Seitentische liegt, zu sich. Und darauf nahm er auch noch vom Stuhl das Hemde, das sie ausgezogen hatte und das die Anfangsbuchstaben von des Kaufmanns Namen trug. Und so verließ er die Kammer der Kaufmannsfrau.

An der Thür wartete seiner die Magd. Sie hatte ihr Ohr an das Schlüsselloch gelegt, und wie sie ihn durchs

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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_182.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)