Seite:Proehle Kinder- und Volksmaerchen 191.jpg

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den Halsschmuck und das feine Hemd der Kaufmannsfrau herbei, legt das Alles auf den Tisch und sagt: Er hätte ja müssen mit Wahrheit belügen, darum hätte er dies Alles sich zu verschaffen gewußt. Und dabei verschwört er sich hoch und theuer, daß er es nur durch Betrug erlangt habe.

Wie der Bediente des Obersten, der immerfort aufwartete in der Gesellschaft, den Ring, den Halsschmuck und das feine Hemd der schönen Kaufmannsfrau sah und dazu den Wirth die Eide schwören hörte, daß er ihn nur betrogen habe, da konnte er sich nicht länger halten, sondern sprang auf ihn zu als wollt' er ihn ermorden. Allein der Oberst hielt ihn zurück, streifte die Montur von seiner Schulter herunter und zeigte Allen das Muttermal, das der Gastwirth in jüngern Jahren durch seine schändliche Hinterlist zum ersten male gesehen hatte. Der erschrak gar gewaltig darüber und auch der Bürgermeister und die Rathsherrn standen nun auf von ihren Sitzen, gaben sich zu erkennen und sagten zu dem Gastwirth, er sei ein Hallunke und solle das ganze Vermögen des Kaufmanns wieder herausgeben.

Das geschah auch, und weil der Gastwirth in allen Dingen ein lüderlicher Kerl war, so wurde ihm das Haus über dem Kopfe verkauft, um so das Gut des Kaufmanns wieder herauszubekommen. Wie der Oberst aber nachher mit seinem Burschen zuerst wieder allein gewesen ist, da sollen sie ganz anders miteinander gesprochen haben, wie sonst ein Oberst mit seinem Burschen spricht.

Nach kurzer Zeit aber wurde der Kaufmann wieder sehr ernsthaft und fragte, wer der junge Mensch gewesen sei, den sie geküßt habe, als sie an jenem Tage auf der Straße gegangen sei. „Es war unser Sohn!“ antwortete sie. „Weil ich mich an jenem Mittage länger als ich dachte

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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_191.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)