Seite:Quantz Vorbericht 1759 Seite 3.jpg

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der zweystimmigen Fuge beobachtet werden. 5) Eine allzuöftere Anbringung des Hauptsatzes aber, würde in die Länge ekelhaft werden. Man muß also auf gute Zwischengedanken bedacht seyn. Diese müssen vor allen Dingen gefällig, doch dabey immer kurz seyn. Sie können sowohl aus concertirenden als aus Terzen- und Sextengängen bestehen. Nur dürfen sie nicht gar zu Trompetenmäßig heraus kommen. Ueberhaupt schicken sich die Gänge in Terzen und Sexten mehr ins Adagio als ins Allegro; sie sind schmeichelhafter als die contrapunctischen. Eine geschickte Abwechselung mit beyden wird die beste Wirkung thun. 6) Lange und viele Pausen dürfen im Duett nicht oft vorkommen, ausser vor dem Anfange eines neuen Gedankens, wenn dabey kein Gegensaz angebracht wird. 7) Es darf kein neuer Gedanke angebracht werden, der nicht in der Folge an einem bequemen Orte wiederholet werden könnte. Es ist nichts leichter als einen Mischmasch von vielen neuen Gedanken, die sich nicht auf einander beziehen, zusammen zu schreiben. Aber kann wohl irgend etwas ohne Ordnung schön seyn? Ich glaube, daß man mir nun einräumen wird, daß es eben keine so leichte Arbeit sey ein gutes Duett zu setzen.

Im übrigen überlasse ich es den Kennern dieser Art von Musik, zu untersuchen, wie weit ich diesen auf Vernunft und Erfahrung gegründeten Regeln, welche ich mir selbst vorgesetzt habe, nachgekommen bin. Ich weis fast nicht ob es einmal nöthig ist, zu sagen, daß die hierbey folgenden sechs Duette, ob sie gleich eigentlich für zwo Flöten traversieren gesetzet sind, dennoch auch auf einigen andern Instrumenten ausgeführet werden können. Z. E. Auf einer Flöte, und einer gedämpften Violine, oder einer Viola da Gamba; Auf zwo Violinen; auf zwo Hoboen, einen Ton tiefer; auf zwo Flöten a bec, eine kleine Terze höher. In eben dieser Transposition, nämlich um eine kleine Terze höher, können sie auch auf zween Fagotten, auf zwo Bratschen, und auf zween Violoncellen gespielet werden. Wer aber die höhern Töne (das mezzo manico) auf der Bratsche oder auf dem Violoncell nicht in der Gewalt hat, der kann sie in der Tonart spielen, worinn sie gesetzet sind. Wenn man sie eine Octave tiefer spielet, und dazu zwey vierfüßige am Klange verschiedene Register anzieht, sollten sie vielleicht auch auf der Orgel mit zwey Clavieren gehöret werden können. Man kann sie nicht weniger auf einem Flügel mit zwey Clavieren versuchen. Ueberhaupt thun Duette, so wie auch Trios, auf zwey Instrumenten von verschiedener Art, eine bessere und vernehmlichere Wirkung als auf einerley Instrumenten.

Sollten endlich diese Duette einigen Liebhabern der Flöte zu schwer vorkommen; so rathe ich diesen, dieselben in einem gemäßigten Zeitmaaße mit Fleiß und Geduld zu studiren. Mit, vielen willkührlichen Zusätzen und Veränderungen dürfen sie sich ohnedem nicht bemühen: denn dergleichen vertragen diese Duette nicht gern. Ich hoffe, daß man dessen ungeachtet am Ende keine Ursache haben wird, sich der darauf gewendeten Mühe reuen zu lassen. Sie werden einem gewiß endlich ganz leichte vorkommen. Wem aber im Gegentheil diese Stücke schon beym ersten Anblicke zu leicht scheinen möchten, der beliebe zu bedenken, daß die Schönheit des Spielens nicht sowohl in schweren Passagien, als vielmehr, und zwar vornehmlich, in einem deutlichen, reinen, und der Sache gemäßen Vortrage bestehe. Wer dieses genau beobachten will, der wird finden, daß ein jedes Stück seine eigenen Schwierigkeiten hat.

Ich bin

meiner geneigten Leser
ergebenster Diener
Quanz.

Berlin,
am 2 May
1759.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Joachim Quantz: Vorbericht zu den Duetten op.2. , Berlin 1759, Seite III. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Quantz_Vorbericht_1759_Seite_3.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)