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Johann Friedrich Ernst von Brawe (1746–1806): Raisonirendes Journal vom deutschen Theater zu Hamburg (1.–13. Stück)

wider sie aus dem Munde des Abts das Wort Giftmischerey: so verläßt ihn seine ganze Stärke, er schreyt nach dem Beystand seiner Trabanten, und Furcht, selbst ermordet zu werden, treibt ihn in die schleunigste Flucht. Dieser elende Gemüthszustand wirft auf einer Seite seinen Kopf in die Philosophie der Verzweiflung – nicht in wirkliche – und untergräbt auf der andern seine körperliche Gesundheit bis zum Einsturz. Dadurch erhalten seine Reden einen Anstrich von Wahnsinn – sie sind aber im Grunde nur denen unverständlich, die sein Inneres nicht kennen. So an Seele und Leib erschöpft, schleppt er sich auf den Kirchhof, ins Erbbegräbniß, bis zu Jolandens Sarg. Der Anblik ihrer Leiche führt die ganze erste Liebe in sein Herz zurük, giebt seinem ganzen Wesen eine andere Stimmung. Jezt fühlt er einzig die Größe seines Verbrechens, klagt sich deßen laut an, rechtfertigt Sidoniens Unschuld, bittet sie nicht mehr um Zuneigung, blos um Mitleid, weil er Linderung seines Jammers, Ersaz seines Verlustes, für unmöglich hält. Noch spannt er seine lezten Kräfte, Sidonien gegen den Abt, gegen die Diener des geistlichen Gerichts, gegen die aufgewiegelte Volksmenge, zu vertheidigen – greift endlich, da seine Befehle, seine Drohungen, fruchtlos bleiben, mit zusammengeraffter

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Johann Friedrich Ernst von Brawe (1746–1806): Raisonirendes Journal vom deutschen Theater zu Hamburg (1.–13. Stück). Friedrich Hermann Nestler, Hamburg 1800, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Raisonirendes_Journal_vom_deutschen_Theater_zu_Hamburg_(1800)_Seite_084.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)