Seite:Reventlow Werke 0689.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Jetzt, im Karneval, kommt er einmal im Frack, einmal in irgendeiner Maske zwischen zwei Festlichkeiten bei mir angestürzt, um sich auszuruhen. Wir suchen erst lange nach einem geeigneten Platz für seinen Zylinder, dann sitze ich auf dem Bett, er auf dem einzigen Klappstuhl und erzählt mir seine Erlebnisse. Einmal schlief er dabei im Stuhl ein — und entschuldigte sich wenigstens drei Stunden lang. Ich versicherte ihn meiner Nachsicht, und so ist es allmählich Brauch geworden, daß er bei mir seine nächtliche Siesta hält.

Ach, dieser Karneval! Wenn ich Bel-amis Schlaf bewache oder Johnny zu irgendeinem Fest schminken und kostümieren helfe, da wird es mir doch manchmal arg schwer, immer zu Hause zu bleiben — aber dies Jahr darf ich nicht tanzen — wer weiß, ob später.“


März

„Nun ist bald Frühjahr — und dann geht Johnny fort — vielleicht auf Jahre. Aber wir sind beide sehr tapfer und machen uns keine Abschiedsschmerzen. — Eigentlich sind wir überhaupt sehr weise, nehmen das Leben nur von der Sonnenseite, soweit es uns zusammen angeht. Wir wissen wohl, was der andre an trüben und schweren Sachen zu tragen hat; aber das behält jeder für sich. Es gibt keine abgründigen Gespräche zwischen uns über Seelenzustände und dergleichen, aber auch keine Verstimmungen und keine Szenen. Der Tag gehört jedem allein und der Tagesordnung, die man nie miteinander teilen sollte. — Wir kennen eben alle Weisheiten.

Und Eifersucht, ich glaube, davon wissen wir auch nichts. Oder doch — ich fühlte so etwas, weil er ein Kind hat. Sonntags kommt die Mutter manchmal damit, um es ihm zu zeigen — einmal auch, wie ich da war. Und dabei wurde mir ganz weh — man hat mir gesagt, daß ich wohl nie eins haben werde. Und wenn ich dann solche kleine Wesen sehe, schmerzt mich das Gefühl, daß es eine Sehnsucht gibt, die mir nie erfüllt werden kann.

Empfohlene Zitierweise:
Fanny Gräfin zu Reventlow: Ellen Olestjerne. München: Albert Langen, 1925, Seite 689. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reventlow_Werke_0689.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)