Seite:Topographia Alsatiae (Merian) 111.jpg

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worden. Muß aber langst zuvor allbereit ein vornehmer Orth gewest seyn / weil Carolus Magnus Anno 775. das Weyhnacht-Fest allhie gehalten haben solle. Es hat Slestadt ein Ovalfigur / und ist etwas rund / hat schöne Ringmauren von gebackenen Steinen / mit Gängen für die Wächter: Item / feine Thürne / und Wassergräben / beym Undern-Thor vier / am andern Orth zween / und der inner Grabe / oder der Dritte / ist trucken. Hat euch einen Wall. Und wer durch das Thor deß Wasser der Ill / zum Rhein kommen wil / der muß / ehe er durch den nächsten Wald hindurch gelangt / und den schnellen Bühel erreicht / über vier und dreissig Brücken gehen. Hat ein schöne Haupt-Kirch / oder das Münster / so von aussen erneuert / darinn ein trefflicher Predigstull / und schöne Altär / und ist der Thurn daran schön und hoch. Es ruhet in der Kirchen B. Rhenanus, so Anno 1547. zu Straßburg gestorben / und hieher in sein Vatterland geführet worden / und ein schöne Grabschrifft da hat. So hat Hildegardis, Hertzogin auß Schwaben / Anno 1044. einen Tempel allhie / nach der Form deß H. Grabs / gebauet / welchen sie bald hernach der Jungfrauen S. Fides, oder S. Treuen / gewidmet / und Mönch darein gesetzt hat. Ist folgends zu einer Probstey Benedictiner Ordens worden. Käyser Rudolphus I. hat solche Probstey zu S. Fiden, den völligen Zoll allhie / gegen Außtauschung der gantzen Gericht der Stadt / Anno 1281. widerfahren lassen. Dann der Probst zu S. Fidis, vor diesem viel Gerechtigkeit allhie / in Bestellung der Aembter und sonsten / gehabt hat; aber gemeldter Käyser Rudolph / hat die Stadt völlig under das Römisch Reich gezogen. Folgends solle zun Zeiten Käysers Alberti, auch dem Probst obgedachter Zoll gemindert worden / und Anfangs auff den halben / hernach auff ein Drittheil derselben kommen seyn. Es seyn auch allhie die Klöster der Prediger / Barfüsser / (darinn zween Land-Graffen in Elsaß Johann / und Simon begraben ligen) der Jungfrauen / Silon genandt / und der Johanniter (welche / wie die zu Straßburg und Cöllen / frey seyn / und nicht / wie andere / nach Malta dienen dörffen / und einen sonderbaren Orden haben) zusehen. Hat auch Jesuiter allhie. Wie dann diese Stadt der Römisch-Catholischen Religion eifferig zugethan ist / und [1] nach der übelgegründten Rechnung under die vier Dörffer deß Reichs gezehlet wird. Es seyn von hinnen / neben gemeldtem Rhenano, auch Jacobus Wimphelingus, Jacobus Spigelius, Johannes Sapidus, und andere berühmbte Leuth mehr gewesen. Es hat auch viel Adeliche Geschlechter allda gehabt / und vielleicht theils noch / als die Münser / die Schnurfensack / die Waffler von Eckerich / die Rappen-Köpff / die Onefro / die von Wickersheim / die von Heimburg / die von Hohenstein / von Rahtsamhausen / von Boltzheim / von Still / von Tanck etc. Und haben die Käyser allhie jederzeit in den Raht / oder Gericht einen Reichs-Schultheissen von Adel gesetzt / so folgends zu einem Lehen vom Reich worden / welches letztlich die von Botzheim / getragen / biß der Adel darümb gesprungen / und Käyser Sigismundus vergönt hat / daß die Stadt selbsten / auß ihrem Mittel / einen Reichs-Schultheissen wählen möchte / weiln damahln Johann von Botzheim den Käyserlichen Stab / der er / als Schultheiß / im Gericht / von deß Käysers wegen / gehalten / auß Bewegung / von sich wider den Boden geworffen / und einer auß den Schöffen / dem Käyser zu Ehren / den Stab wieder auffgehoben / so vermög der Schletstätter Chronick / Anno 1336. solle geschehen seyn. Der Zeit sitzen keine vom Adel mehr im Raht / welcher von 35. Persohnen bestehet / darunder acht Bürgermeister / und 24. Zunfftmeister / von jeder Zunfft zween / seyn. Auß besagten Achtern regieren Jährlich Vier das Bürgermeister-Ampt / alle Viertel Jahr einer: Auch werden zween / so am ältisten der Lini nach / im Magistrat / ein Jahr ümb das ander zu Schultheissen erwählet. In hochwichtigen Sachen werden hundert zu Raht gefordert. Und ist sie / ehe sie an das Reich kommen / under den Hertzogen in Schwaben / und verhero under den Francken gewesen. Und hat man etwan allda auff die 1200. Bürger gezehlet / mehrertheils Reb- und Acker-Leut / und Gärtner. Es wird von den Schletstädtern ein Kriegs-List erzehlet / dardurch sie die auff vier Meil von ihnen gelegene Stadt Herlißheim eingenommen; in deme sie einen Wagen voll Männer / aber in Weibs-Kleidern angethan / voran auff die Brück der Stadt geschickt / als die den Zoll sollten außrichten. Nun hatten sie böß Geldt / welches der Zöllner nicht haben wolte / darüber ein Zanck entstunde / und der Zöllner von ihnen über die Brück ins Wasser geworffen / und Pfort eingenommen wurde; under dessen vierhundert / so verborgen lagen / darzu kamen / so die Stadt einnahmen / da sie dann ihren Feind bekommen / aber den Bürgern kein Leid gethan; wiewol sie mit den Juden / wie es selbiger Zeit gebräuchlich war / ümbgangen seyn / nämlich / sie verjagt / verbrandt / und erschlagen haben. Die / in dem / wider deß Königs Ludovici XI. in Franckreich damahl Delphins / letzten Hauffen / so mit grosser Beuth wieder in Franckreich wolte / erlangtem Sieg / eroberte Fahnen / hangen in obgedachter sehr alten / und in der Ehr deß H. Creutzes / und S. Catharinae geweyheten Pfarr-Kirchen / zu dessen Chor-Schutz / als Patronen, S. Georg / und S. Agnes angenommen worden seyn / und darümb / under andern / auch Herr Wilhelm Böckle von Böcklinsau / Thumb-Probst deß Primat Ertz-Stiffts Magdeburg / Ritter / und vierter Käyser Raht / sein Epitaphium hat. Ihr / der Stadt / Monatlicher Einfacher Reichs-Anschlag ist / 4. zu Roß / und 24. zu Fuß / oder 144. fl. und zu Underhaltung deß Kammer-Gerichts / nach dem erhöchten Anschlag / Jährlich 133. fl. 21. Kreutzer. 3. Heller / den Thaler zu 69. Kr. gerechnet / wie ich gefunden habe.

Das Münster soll die einige Pharr-Kirch allhie seyn; darin vornehme Leuthe begraben ligen; von denen Hertzog lib. 7. cap. 10. zu lesen / der auch die


  1. WS: Im Original nnd
Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Alsatiae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1647, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Alsatiae_(Merian)_111.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)