Seite:Topographia Austriacarum (Merian) 088.jpg

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ein stattlich / und grosses Gebäu / so Sehens werth / und von welchem man sagt / daß es / wegen Menge deß Weins / einen rinnenden Zapffen habe. Besagter Lazius vermeynt / daß die Statt erst nachfolgender Zeit zu dem Closter seye erbauet worden; darinnen der Landes-Fürst ein Schloß hat. Anno 1477. hat König Matthias Corvinus auß Ungarn diese Statt / und / nach seinem Tode / Anno 1490. Käiser Maximilianus I. wieder mit Waffen erobert. Was den Montem Cecium dabey diese Statt nahend gelegen / anbelangt / so unterscheidet solcher Berg das Noricum von Pannonia, und wird dessen ein Theil allhie bey der Thonau der Calenberg genant / auff welchem man zu oberst noch etwas von einem öden Schloß siehet / in welchem vor Zeiten der obgedachte Heilige Leopoldus, Marggraff in Oesterreich / Hoff gehalten. Besagter der Alten Berg Cecius selbsten erstreckt sich biß an die Draa / das Wasser hat unterschiedliche Jöcher / so sich durch Oesterreich / und Steyer / außbreiten / so unterschiedliche Nahmen haben / und der Calenberg / das Hackhatal / der Wienerwald / der Kaumperg / Kauneck / der Tanperg / der Fronkafels / im Gschaid / in Prymbsy / Hohen Alben / in der Dragsl / Schneeperg / in der Preyn / Semering / Arczberg / Hartberg / Blaiczberg / etc. geheissen werden; wie abermals Lazius lib. 12. R. Rom. sect. 7. cap. 9. hievon zu lesen.


Neustatt / Neapolis Austriae.

Die Landsfürstliche Unter-Oesterreichische / und acht Meilen von Wien / auff der Landstrassen gegen der Steyrmarck / und Grätz / gelegne Statt / hat den Nahmen von den stätigen Brünsten / so es allda gehabt / derentwegen sie offtmals gleichsam von neuem wieder ist erbauet worden; die sonsten / wegen der Ungarn / so hierum offt viel Schaden gethan / ihren Anfang allbereit von Leopoldo Glorioso von Oesterreich / der Anno 1230. gestorben / bekommen hat. Das Schloß allhie / darbey ein Thiergarten / ist vom Käiser Ferdinando Primo erneuert worden: Welche Burg aber dunckle Gemächer hat. Inwendig im Hoff seynd vieler Herren; aussen aber am Thor der Oesterreichischen Landen Wappen / sampt den Buchstaben A. E. J. O. V. das ist: Aquila electa justè omnia vincit: Darvor das Zeughauß stehet. Es ligt diese Statt gar eben / hat starcke Mauren / und kan man das Wasser umb die Statt anlaufen lassen / daher sie vest / und nicht leichtlich zu gewinnen ist. Hat ein schön gemahltes Rathhauß. Käiser Friederich der Vierte hat ein Bisthumb allhie angerichtet / so aber jetzt dem Wienerischen einverleibet ist. In der Hauptkirchen / so zween Thürn hat / haben Käiser Maximilianus I. und der letzte Hertzog von Oesterreich / auß dem Bambergischen Stammen / Fridericus Bellicosus, ihre Monumenta, und Ehrengedächtnussen; wiewol in des W. D. Caesaris Augspurgischen Chronic / 2 Theil / am 281. Blat stehet / daß höchstgedachter Käiser allhie / in S. Geörgen Kirchlein auff dem Schloß / zu seiner Mutter / Frauen Leonoren / zur Erden bestattet worden. Hergegen sagen andere / daß die gedachte Frau Eleonora, auß Königlichem Portugalischen Stammen / Käisers Friderici deß IV. Gemahlin / sampt ihrer Tochter Helena, und zween Söhnen / Christophoro, und Johanne, in dem Closter zur H. Dreyfaltigkeit allhie / liege. Die Jesuiter sollen neulich auch da auffgenommen worden seyn. Höchsternanter Käiser Friederich der IV. ist allhie von den Oesterreichern belagert worden / weil Er ihnen ihren jungen Erbherrn / Ladislaum Posthumum, nicht folgen lassen wolte. Sie kunten aber der Statt nichts angewinnen / wiewol sie in ihrem Treffen vor der Statt obsiegten. Weil aber der Käiser sich besorgte / Er wurde endlich / auß Mangel Proviants / die Statt auffgeben müssen / so hat Vormundschafft gelassen. Hernach hat Matthias Corvinus, König auß Ungarn / diese Statt 7. Monat lang / (wie Gerardus de Roo berichtet / wiewol andere / als Bonfinius, von 19. Monaten sagen) belagert / biß Er sie Anno 1485. durch Hunger / erobert hat / so / nach seinem Tode / Anno 1490. als die Burger sich selbsten von den Ungarn loß machten / wieder an Oesterreich kommen ist; wiewol sich die Ungarn im Schloß noch ein Zeitlang gehalten haben. Zu Anfang deß Octobris Anno 1625. ist ein grosse Feuersbrunst allhie entstanden / dardurch sehr viel Häuser abgebronnen / auch bey den Capucinern der Kirchenthurn / und in zweyen schönen Pfarrkirchen alles Holtzwerck; wie auch der Bischoffs-Hoff / sampt einer alten Kirchen / darauff gangen seyn. Es führet Neustatt zum Wappen ein weisse Mauer / mit einem neuen Thurn / rothem Feld. Besiehe Cuspinianum in Austria, M. Boregk in Böhmischen: H. Megiserum in der Kärndterischen Chronic / lib. 10. cap. 1. fol. 1105. und die Franckfurter Frühlings Relation de Anno 1626.


Pechlarn.

Ist ein gar altes / an der Thonau / in Unter-Oesterreich 2. Meilen unter Ypß / und ein Meil oberhalb Melck gelegnes Stättlein / allda die Erlaph in die Thonau kompt. Vor Zeiten hiesse dieser Ort Arlape (Arelape, Ara Lapidea,) daselbst stäts Schiff für das Römische Lager waren / wie Cluverius de antiqua Germania, etc. beweiset. Und sagt Wolffgangus Lazius libro 12. Commentar. Reipubl. Rom. cap. 7. pag. 1092. daß die Thonau allhie gar breit / und dahero eine Schiff Armada allda anzurichten / für gar bequem angesehen werde. Es seyen auch noch daselbst Römische Schrifften verhanden; und wäre dieser Ort der ersten Marggrafen in Oesterreich Hauptstatt / und / neben Melck / die fürnehmste Vestung gewesen / daher sie entweder von den Römern / oder aber den Francken / Lateinisch Praeclara genant worden / welches Wort die Teutschen in Pachlarn verkehret

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Provinciarum Austriacarum. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1679, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Austriacarum_(Merian)_088.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)