Seite:Topographia Austriacarum (Merian) 208.jpg

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Rain.

Dieses Stättlein / in Unter-Steyer disseits deß berühmten Flusses Sau / oder Savi, (so die Gräntzen zwischen Steyer / und Crain machet /) und an solchem Wasser gelegen / ist ein Landsfürstlich Steyrisch Cammergut; das Schloß aber ist vom Ertzhertzog Carolo zu Oesterreich / dem Herren Frantz Gallen von Gallenstein / sampt selbiger ansehenlichen Herrschafft / doch ausser deß gemeldten Stättleins / eygenthumlich verkaufft worden. Und weil Er / Herr Gall / keine Söhn verlassen / so ist diß Schloß / und Herrschafft / an den Weibsstammen gefallen / und folgends an Herren Frangepan / Grafen von Tersitz / Obristen der Crabatischen / und Meergräntzen / und Hauptmann der Vestung Carlstatt / käuflichen kommen / der es jetzt hat: Wiewol in dem neulichen Anno 1640. gewesten Erdbidem solch Schloß sehr grossen Schaden gelitten / so auch dem Stättlein begegnet / welches dardurch auch zugleich fast aller seiner Ringmauren beraubet worden ist; so man aber / sonders Zweiffels / wieder zu repariren, ihme starck angelegen seyn lassen wird; weilen / wann Petrinia, Sisseck an der Culp / und Agram im Windischen Land / der Türck (darfür Gott gnädiglich seye) erobern solte / solches Schloß / und Stättlein Rain / ein Gräntzhauß wurde; darzu es aber nicht erbaut / und versehen ist. Was Hieronymum Megiserum in der Kärndterischen Chronic fol. 1202. bewogen haben mag / daß er dieses Rain zum Windischen Land referirt, und dem Ertzstifft Saltzburg zugeeygnet hat / dabey Anno 1475. die Schlacht mit den Türcken geschehen / und sie / die Türcken / obsieget haben / das können wir nicht wissen. In dem Bruckerischen Libell / zu obbeschriebenem Bruck an der Muer Anno 1519. auffgericht / wird solches Rain / allda selbiges mal ein Hauptmannschafft gewesen / außdrücklich zum Land Steyer gezogen; wie es sich dann auch nicht anderst befinden thut.


Rakerspurg / Racospurgum.

Diese Unter-Steyrisch Lands-Fürstliche Statt wird von den Alten Raclitanum, und von den Windischen Radcony genant. Ist eine auß den fürnehmsten Stätten im Land Steyer / und zwar eine Vormauer wider die Türcken / so offtmals biß dahin gestreifft haben. Ligt acht Meil Wegs unter Grätz / an dem Hauptfluß der Muer / welches Wasser bißweilen allda an den Wällen / so um die Statt herum seynd / grossen Schaden thut. Sie ist fein wieder erbaut worden / nach dem sie Anno 1607. durch Feuer / Schaden gelitten; aber Anno 1638. den 7. Maji, ist sie wieder / biß auff 3. Häuser / und zwo Kirchen / abgebronnen. Und obwoln / weilen die Häuser meistentheils von Steinwerck / sie wieder erbauet worden; so ist aber dieselbe Anno 1645. als die meiste Leute im Weinlesen / auß der Statt / waren / fast gantz wieder / wie man auß Wien geschrieben / abgebronnen. Die hochlöblich Steyerische Stände haben allhie ein Zeug- und Provianthauß. Auff dem Lande herum redet man alles Windisch; aber in der Statt Teutsch. Hat einen gewaltigen guten Weinwachs weit und breit um die Statt; und haben die Inwohner ein Privilegium, daß sie von S. Michaels Tag an / biß auff S. Catharinen / in ihrem Gau / und Bauerschafft / bey ihnen gelegen / allein den Most- und Weinkauff haben sollen: Aber darnach mag jederman in demselben Gau Wein kauffen / ohne der von Rackerspurg / und männiglichs Irrung / und Hindernuß / wie in der Landhandvest in Steyer fol. 22. b. stehet. Hertzog Ernst von Oesterreich hat Anno 1418. die Türcken / als sie das erstemal ins Land Steyer gefallen waren / allhie geschlagen / wie Megiserus schreibet. Anno 1480. nahm diese Statt König Matthias auß Ungarn ein. Siehe oben Pettau / Anno 1600. Als Canisa verlohren wurde / ist der Hertzog von Mercoeur von dannen / als Er dieselbige Vestung nicht entsetzen kunte / auß Mangel Proviant / für sein Person erstlich hieher / hernach durch die Thäler deß Obern Lindua / und das Stättlein S. Gothard / nach Sabaria, und von dar gen Wien / kommen. Anno 1605. seynd die Heyducken / in dem Boscaischen Auffstand / biß hieher / und weiter gestreifft: Ja sie haben auch / neben den Tartarn / auß einem Hinderhalt / solche Statt zu erobern vermeynt / ist ihnen aber nicht angangen. Hieronymus Ortelius schreibet hievon also: Anno 1605. den 15. Octobris, haben die Rebellen / mit ihrem Obersten / Nemethi Georgen / in den Steyrischen Gräntzen / welche sie sampt der Herrschafft Schleiming / weit und breit / mit Durchstreiffen / und Verheerung deß Lands / erschröckliche Einfäll gethan / wie auch den 18. Octobris, oberhalb Rakelspurg / den Iltzer Boden / im hinab räisen / von Feldbach / biß auff S. Gotthartsberg / den Raaber Boden / alles verheeret / die Traidmühlen mit Rauben / und Brennen verwüst / etc. Isthuanfius aber sagt also: In Styriam Haidones ultra Racospurgum excurrunt, Forstenfeldam, Feldpachum, ac Lotombergum usque. Ehe sie Landsfürstlich worden / solle sie den Herren von Wildan gehört haben. Hat ein Schloß / so ausserhalb der Statt auff einem sandigen Berg liegt / auch daher nicht sonders fest / und / sampt der Herrschafft / dem Herren Fürsten von Eggenberg / als ein Pfandschilling / der Zeit zuständig ist.


Rotenmann / Rotenmanium.

Dieses ist auch eine Landsfürstliche / aber in Ober-Steyer / im Paltenthal / 8. Meil oberhalb Leubm / und sieben unterhalb Schlädming / gelegene Statt. Wolffgangus Lazius vermeynt lib. 12. Reip. Rom. sect. 6. cap. 7. daß deß Antonini Montana castra der Statt Rottenmann nicht uneben zugeeygnet werden können / daselbsten auch alte Schrifften verhanden

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Provinciarum Austriacarum. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1679, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Austriacarum_(Merian)_208.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)