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V. Fürstliche Graffschafft Tyrol.

Herr Johannes Guler von Weineck / Ritter / schreibet im eylfften Buch von den Raetischen Sachen / in desselben Anfang / von diesem herrlichen Lande / unter anderm / also: Tyrol / die Fürstliche Graffschafft / liegt an den Flüssen Inn / und Etsch / und denen beygelegenen Berg / und Thälern / zwischen Bayern / und Wälschland; hat gegen Auffgang das Ertzstifft Saltzburg; gegen Niedergang der Graubündter Land; gegen Mittag Walschland / und gegen Mitternacht Bayern. Diese Lands-Refier ist obenher / so weit Churer Bistumb sich darinnen erstreckt / der ersten Alten Raetien einverleibt gewesen; Unten her aber ist sie erst zukommender Zeit Raetisch gemacht / und beyderseits durch der Römer Landvogt beherrschet / auch / nach Abgang der alten Römischen Macht / zum Theil von Bayern eingenommen worden / zum Theil aber noch Raetisch verblieben. Die Verwaltung über den mehrern theil dieser Landen ist dannethin gestanden bey den Hertzogen zu Meran (die sich auch Pfaltzgrafen zu Burgundt / Hertzogen zu Dalmatien / und Vogtland / Marggrafen zu Oesterreich / Grafen zu Andechs / und diesen / geschrieben haben;) Item / bey den Marggrafen / und Grafen zu Tyrol / so von den Bayern auß ihrem Adelthum dahin / als an die Gräntzen zwischen Bayern / und Italien / geordnet worden; die sich Theils hernach auch Grafen und Marggrafen zu Andechs und Isterreich / auch mit anderen Tituln genennt haben. Folgends / als deß Römischen Reichs Würde / und Titul / auff die Teutschen kame / und die Römischen Käiser / und Könige / die verliehene Land / und Herrschafften / zu Erblehen machten / seynd diese sehr vornehme Gefürste Grafen worden; sonderlich von der Zeit an / als Käiser Friederich der Erste / Heinrichen den Löwen / Hertzogen in Bayern / und Sachsen / in die Acht gethan / und viel Bayrische Landstände / der Landsfürstlichen Obrigkeit der Hertzogen in Bayern / biß dahin unterworffen / denselbigen entzogen / und ohne Mittel allein zu deß Röm. Reichs LehenLeuten gemacht hat. Es hat aber der Ort im Gebürg an der Etsch / und im Inhalt / noch andere Grafen / und Herrschafften / mehr gehabt / als Taufers / Eppan / Hertenberg im Obern Ihnthal / Ulten / oder Ulthing / Mätsch / zu Latein Amasia, von Heefr / und andere / so zu alten Zeiten all den Hertzogen von Bayern unterworffen waren. Unter allen Grafen dieses Lands seynd die von Tyrol am Ansehen / Gewalt / und Herrschung / weit die vornehmsten gewesen. Der letzte deß Geschlechts der Gefürsten Grafen zu Tyrol / so von den Bayern ihr Ankunfft haben / war Allbrecht / welcher die Graffschafft durch Erzeugung allerhand Güter / vermehret / und gebessert / und erlebt / daß Meran / das Hertzogthum / und alle Güter / welche dieselbigen Hertzogen am Inn und Etsch besessen / nach Absterben seines Blutsverwandten / Hertzog Otten deß Andern / oder Jüngern / ohne mannliche Erben / ihne Grafen / und dessen Erben (sechs Jahr vor sein deß Grafen Tod) angefallen. Wiewol nun / neben andern / auch die Statt Meran selbst (davon weyland die Hertzogen ihren Titul herführten) an ihne Grafen / kommen / haben sich doch weder er / noch seine Nachkommen / deß Tituls der Hertzogen zu Meran gebraucht; daher auch selbiger Titul / Nahm / und Würde / gantz und gar erloschen: Sintemal dieser Graff Allbrecht / so lang er lebt / sich nur allein Grafen zu Tyrol / deß Heil. Römischen Reichs Fürsten / und Heergrafen / geschrieben hat. Sein Gemahlin Frau Jutha / Hertzogin zu Meran / Gräfin zu Andechs / hat ihm keine Söhn / sondern allein zwo Töchtern / geben; deren er die ältere / Frau Adelheit / erstmals Käiser Friederichs deß Andern Sohn / dem Römischen König Heinrichen / und nach dessen Tod Meinharten Grafen zu Görtz vermählet; der war ein Sohn Graff Meinharts / und Frau Mechtilden / der Tochter Berchtolden deß Dritten / Marggrafen zu Isterreich / und Andechs: Die jünger Tochter / Frau Elisabeth / ward Graff Gebharten von Hirsperg / dem Jüngern / ehelich beygelegt. Derhalben / als besagter Graff Allbrecht deß 1254. Jahrs mit Tod abgangen / seynd angeregte seine Tochtermänner beyde / an die Regierung seiner hinterlassenen Landen getretten / und ist in der Theilung Graff Gebharten das Ober- und Unter Ynthal; Graff Meinharten aber der Rest der Graffschafft Tyrol / und was seine vorfährige Grafen zu Tyrol in Kärndten und Friaul biß dahin gehabt / worden; der Anno 1258. zween Söhn / Meinharten / und Allbrechten / verlassen / auß denen / als sie erst Anno 1272. ihr Vätterliche Verlassenschafft voneinander getheilet / dem Jüngern Görtz / dem Aeltern aber / nemlich Meinharto / Tyrol geblieben / der folgends Anno 1284. von seinem Vettern Gebharten / Grafen zu Hirsperg und Tyrol / das Ober- und Unter-Ynthal / um viertausend Marck Silbers erkaufft / daß also die Graffschafft Tyrol wieder zusammen kommen; und ward er Meinhart hernach auch Hertzog in Kärndten; deme auß seinen vier Söhnen / und drey Töchtern (deren eine / mit Nahmen Elisabeth / Allbrechten / Käisers Rudolphi Sohn / vermählet ward / von dero der gantze Stamm von Oesterreich herkommet /) zwar Anfangs Otto succedirt, starb aber Anno 1310. ohne Mannliche Leibs Erben / und bekam das Land sein Bruder Henricus, gedachts Meinhardi II. letzter Sohn / der all seine Brüder überlebt / Hertzog in Kärndten / auch ein weil König in Böheim gewesen / und gemeinlich

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Provinciarum Austriacarum. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1679, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Austriacarum_(Merian)_299.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)