Seite:Tractat von dem Kauen und Schmatzen der Todten in Gräbern 082.jpg

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daselbst sich sehr abergläubisch erwiesen.


§. 47.

Es sind aber vornehmlich zwey Ursachen, welche von denen vorgebracht werden, die das Kauen und Schmatzen der Todten denen Pest-Zeiten zueignen. Die erste ist das Schrecken, das der Teuffel denen Menschen durch solches Wunder-Zeichen einjage. Sie beruffen sich dieserhalben auff diejenigen Medicos, welche vorgeben, daß das Schrecken in der Pest und in andern hitzigen und ansteckenden Kranckheiten mehr vermöge, als die würckliche Seuche selbsten, wie dergleichen, A. Q. Rivinus[1] behauptet. Sie sagen, der Teuffel sey ein vollkommener Physicus, der von Erschaffung der Welt an biß ietzo viel Erfahrung erlangt. Dieser wisse daher aufs genaueste, wie viel das Schrecken in den Gemüthern der Menschen vermöge. „Denn wenn das Gemüthe anfange sich einzubilden, daß es würcklich etwas ansteckendes, ob wohl unter einiger Ungewißheit und Aengstlichkeit, (weil das Gifft der Pest unsichtbar ist,) in sich gesogen, so würcke endlich solche Einbildung und die Beunruhigung des Gemüths in dem allgemeinen Welt-Geiste ein würckliches Bild, zu Zeugung eines Saamens, der die Pest hervor bringe.“[2] Die Gottesgelehrten, denen die Boßheit des Teuffels


  1. in Dissert. de Peste Lips. c. 2. p. 22.
  2. So dunckel und obscur philosophirt hiervon der bekannte HELMONTIUS in Tract. sub titulo: [76] Tumulus pestis. p. 860. sq. Seine eigentliche Worte lauten also: cum in imaginatione aliquam fidem timoremque vehat, se aliquid contagionis actu hausisse sub incertitudine & agonia, eo quod venenum pestis sit invisibile; particula hæc fidei cum perturbatione terroris perficiat tandem actualem imaginem in Archæo generandæ pestis semen.