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lugten aus dem Grün hervor; Journalisten notierten sich die Inschriften:

„Seinem Ehrenmitglied der Verband Berliner Absteigevermieterinnen.“ – „Dies war mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe. Jes. Sir. 42, 1. Gustav Noske.“ – „1000 Tränen! abzüglich 20% Freiexemplare gleich 650 Tränen vergießt der Drei-Masken-Verlag.“ So lagen da viele schöne Kränze.

Das Trauergefolge zerstreute sich. Die Nazis gingen in ihren Klub, wo sie beim Spielverbot neuen Operetten- und Filmstoff aus dem Begräbnis schöpften; Georg Bernhard organisierte in einer Ecke eine Tarifvereinigung der Totengräber; die jungen Mädchen hielten die von Mama gemopsten Spitzentaschentücher vor die Augen und fuhren dahin, sich wiederum verführen zu lassen; und Pallenberg, Massary, Jannings und Holl – nicht ungefilmt gingen sie davon.

Noch einmal trat Claire Waldoff an die Grube, sah hinunter und sagte mit heiserer Kehle: „Komm ruff!“ Und trat ab, um aufzutreten.

Der Friedhof war leer. Der freundliche Schein der Sonne fiel auf den granitenen Grabstein, mit dem sich der gute Ignaz Wrobel rechtzeitig eingedeckt hatte. In silbernen Buchstaben stand da zu lesen:


HIER RUHT EIN GOLDENES HERZ

UND EINE EISERNE SCHNAUZE.

GUTE NACHT –!
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Kurt Tucholsky: Mit 5 PS. Ernst Rowohlt, Berlin 1928, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tucholsky_Mit_5_PS_285.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)