Seite:Ulmische Zustände 10.png

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Die städtischen Behörden setzten deshalb ihre Ansprüche unausgesetzt fort; dem damaligen Finanzminister, Freiherrn v. Malchus, gebührt die Ehre, daß er denselben Gehör gegeben, und im Jahre 1820 auf’s Neue Unterhandlungen hat eröffnen lassen; von Seiten des Staats waren die Ober-Regierungsräthe v. Breitschwerd und v. Waldbaur hiezu beauftragt, und Seitens der Stadt, der damalige Abgeordnete derselben zur Stände-Versammlung, der jetzige Stadtrath Kiderlen, die Stadträthe Dieterich, Bühler und Molfenter, und der Obmann des Bürger-Ausschusses, Buchhändler Becker. Voran waren aber in schriftlichen Ausführungen folgende Ansprüche erhoben worden: der Betrag des Defizit für den württembergischen Antheil am Ulmer Gebiet mit jährlichen 22599 fl. 20 kr. für die Jahre 1810 bis 1820 – während welcher Württemberg das Defizit nicht mehr gedeckt hatte, sodann die Zinse hieraus, endlich die Deckung dieses Defizit für alle Zukunft, oder mit andern Worten die Ablösung desselben im 20fachen Betrage.

Außer diesem Guthaben nahmen aber die städtischen Behörden auch noch diejenigen 150,000 fl. und 60000 fl. in Anspruch, welche die öffentlichen Stiftungen der Stadt – ihren eigentlichen Zwecken zuwider – zu Bezahlung städtischer Schulden hatten herbeischaffen müssen.

In Folge langer Unterhandlungen kam endlich im Jahre 1821 ein Vergleich zu stande, nach welchem der Staat vom 1. Juli 1821 an – 80,000 fl. städtischer Schulden übernommen, und 130,000 fl. an ärarialischem Grundbesitz und Gefällen der Stadt zugewiesen hat; eine größere Entschädigung wurde um deswillen weggewiesen, weil man voraussetzte, im Besitze dieses neuen Vermögens, und nachdem die Einkünfte der Stadt sich auch sonst vermehrt haben, werde dieselbe ihre Ausgaben bestreiten können, ohne eine Stadtsteuer auf den Bürger umlegen zu müssen, was sich auch bisher mit wenigen Ausnahmen als richtig bewährt hat.

Auf eine Entschädigung der Stiftungen für ihre Beiträge von 210,000 fl. ist aber der Staat um deswillen nicht eingegangen, weil auch zur reichsstädtischen Zeit die Stadt, wenn sie in Bedrängniß gewesen, aus diesen Stiftungen unterstützt worden sey; nichts desto weniger hat aber die Stadt aus den vom Staate erhaltenen Gefällen einen Werth von 60,000 fl. an die Stiftungen abgetreten.

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Christoph Leonhard Wolbach: Ulmische Zustände. Ernst Nübling, Ulm 1846, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ulmische_Zust%C3%A4nde_10.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)