Seite:Ulmische Zustände 23.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Gewerbe unverhältnißmäßig anwächst; nur bei außerordentlich fruchtbaren Jahren, die aber immer zu den seltenen gehören, gleicht sich dasselbe wieder aus, und somit werden wir in der Regel hohe Fruchtpreise behalten.


§. 18.

Für diesen gewöhnlichen Zustand, oder gar für Fehljahre, giebt es keine andere Hülfe, als entweder Verbot der Ausfuhr, oder Auswanderung oder Einfuhr fremden Getreides.

1) Das Verbot der Ausfuhr, wo es kürzlich ergangen, ist daher überall mit dem größten Danke begrüßt worden; nicht nur der Arme, sondern selbst der nur gewöhnlich Bemittelte, kann den gegenwärtigen Preis des Brodes, mit welchem überdieß der Preis aller andern Lebensbedürfnisse steigt, nicht mehr verdienen; sogar ein großer Theil der Landleute wird darunter leiden, weil der Ertrag ihrer Felder nicht bis zur nächsten Erndte reicht, sie daher selbst wieder kaufen müssen; nur der große Gutsbesitzer wird dadurch reicher; und so ist diese Theuerung ein wahres Landesunglück, das an dem Wohlstande des größten Theils des Volks zehrt, und das die Kluft zwischen Reichthum und Armuth nur noch mehr vergrößert, die, wenn die Weisheit der Regierungen sie nicht möglichst auszufüllen trachtet, die Grundfesten der bürgerlichen Gesellschaft fürchterlich erschüttern wird.

2) Zur Auswanderung in Masse hat aber das württembergische Unterland von jeher seine Zuflucht nehmen müssen, eben weil es sich bei unbeschränkter Theilbarkeit des Bodens unendlich vermehren kann, und somit nach und nach auf den Einzelnen nur noch der kleinste Bodenbesitz trifft, während im Oberlande mit seinen gebundenen Gütern ein unverhältnißmäßiger Zuwachs der Bevölkerung und eine massenhafte Auswanderung nicht statt findet.

3) Die Einfuhr fremden Getreides, selbst aus weiten Entfernungen, ist aber jetzt zum Glücke der Menschheit durch Eisenbahnen und Dampfschiffe außerordentlich erleichert, ja mitunter erst möglich geworden.

Die Bodenfläche unserer Erde ist weit genug, um eine hundertmal größere Menschenmenge – als die vorhandene – zu nähren, und die Natur ist unerschöpflich reich in ihren Hervorbringungen,

Empfohlene Zitierweise:
Christoph Leonhard Wolbach: Ulmische Zustände. Ernst Nübling, Ulm 1846, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ulmische_Zust%C3%A4nde_23.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)