Seite:Ulmische Zustände 34.png

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mußte, hat sie bei allen Reichs- und Kreistagen die Unverhältnißmäßigkeit dieser Besteuerung angefochten; sie hat vorgestellt, daß 5 geistliche und 5 weltliche Fürsten miteinander auf eine Reichssteuer nicht mehr als 940 fl., daß 18 Reichsabteien nur 900 fl., daß 20 Reichsgraf- und Herrschaften noch weniger, und daß 13 Reichsstädte zusammen nur 2 fl. mehr als 900 fl. zahlen; daß sie mit dieser Matrikel angelegt sey, als ob sie beinahe der 15te Theil des ganzen schwäbischen Kreises wäre, während sie doch mit sammt ihrem Gebiete nicht den 41sten Theil desselben ausmache.

Sowie ihre Besteuerung im Vergleiche mit andern Mitständen viel zu hoch sey; so sey sie es auch in Rücksicht auf ihre Größe und ihre Einkünfte.

Die Stadt selbst habe nach ihrer Wiedererbauung blos 6400 Schritte im Umfange bekommen, und enthalte nur 1528 bürgerliche Wohnhäuser, die meistens sehr eng und klein seyen; und die Landschaft bestehe in 3 Städtlein von 444 Häusern, in 55 Dörfern, 22 Weilern und 45 einzelnen Höfen, in welchen zusammen nur etwas über 3000 Häuser sich befinden; und das Commerz der Stadt, von welchem ihr sonst an Zöllen, Accis, Umgeld etc., die bedeutendste Einnahme zugeflossen, sey durch Kriege, durch Eröffnung neuer Handelswege und vermehrte Concurrenz außerordentlich herabgekommen; so sey ihr Barchet-, Golschen-, Pelz- und Sammthandel ganz zu Grund gegangen; der Leinwandhandel zu 2/3 (früher habe man jährlich über 60000 Leinwandstücke auf ihren damaligen 5 Blaichen abgeblaicht jetzt kaum noch 20000:) ehedem seyen 2 bis 300 Weinfuhren aus den hiesigen Markt gekommen, jetzt kaum noch 20 bis 30. Außerdem habe aber die Reichsstadt während der genannten Kriege für die Verbesserung und Erweiterung ihrer Festungswerke, für ihr Zeughaus, an Contributionen u. drgl. viele Millionen aufwenden müssen, und ihre Schuld betrage nun gegen 3 Millionen, welche je heimzuzahlen sie gar keine Möglichkeit sehe. Auf diese Vorstellungen wurde zwar im Jahre 1633 die ulmische Reichssteuer-Matrikel von 900 fl. auf 600 fl. und im Jahre 1707 auf 352 fl. herabgesetzt, allein von ihrer Schuld wurde der Reichsstadt Nichts abgenommen.


§. 29.

Unter den vorerwähnten Umständen ist das Defizit in den Kassen immer größer geworden, man berechnete dasselbe auf

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Christoph Leonhard Wolbach: Ulmische Zustände. Ernst Nübling, Ulm 1846, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ulmische_Zust%C3%A4nde_34.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)