Seite:Vom Heerschilde 172.jpg

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in der Regel vorstehen.[1] Beachten wir diese Stellung, berüchsichtigen wir weiter, dass fast alle Urkunden, in welchen Freie von den Edeln geschieden erscheinen, Verhandlungen vor dem Landgerichte betreffen, während wir in der weit überwiegenden Mehrzahl fürstlicher Urkunden nur Nobiles oder als Edelherrn zu erweisende Liberi und Ministeriales aufgeführt finden, so haben wir uns die schöffenbar Freien wohl in der Regel als nicht, in rittermässigen Verhältnissen lebend zu denken; es unterliegt keinem Zweifel, dass die Stellung der Dienstmannen im allgemeinen als die günstigere und angesehenere galt; die zur Freigrafschaft Börder gehörigen Freien zahlten 1258 dem Bischofe von Minden neunzig Mark, um unter die Dienstmannen der Kirche aufgenommen zu werden.[2] Wenn nicht zu bezweifeln ist, dass manche Schöffenbare, und zwar, wie mir scheint, vorzugsweise in der Gegend der Entstehung des Sachsenspiegels, ritterbürtig blieben, wie ja das Geschlecht Eikes von Repgow selbst ein Beispiel gibt[3] und sich auch für manche der in der Vorrede von der Herren Geburt genannten schöffenbaren Geschlechter, wie die von Meringen, Snetlingen, Seedorf, eine entsprechende Stellung in den Urkunden nachweisen lässt,[4] so kann das doch im allgemeinen nur in beschränktem Masse der Fall gewesen sein. Die Zahl der schöffenbar Freien war selbst in späterer Zeit insbesondere in Westfalen noch eine sehr bedeutende; wären unter ihnen viele gewesen, welche mit den Ministerialen die Ritterbürtigkeit theilten, aber durch freie Geburt einen Vorrang vor ihnen behaupteten, so müssten diese fast nothwendig als besondere Personenklasse in den Urkunden zwischen Edeln und Dienstleuten auftreten, was nicht der Fall ist. Wurde es im dreizehnten Jahrhunderte gebräuchlich, die unter den Nobiles stehende Zeugenklasse als Milites zu bezeichnen, so können darunter nun allerdings auch ritterbürtige Schöffenbare sein; aber die Einzeluntersuchung

  1. Seibertz UB. 1, 275. 409. Cod. dipl. Westf. 3, 89. 94. 148. 195.
  2. Würdtwein Subs. dipl. 6, 447. vgl. Lüntzel Diöc. Hildesheim 67. 83.
  3. Vgl. Homeyer Sächs. Ldr. (3. Ausg.) 5.
  4. z. B. Schultes Director. 2, 259, 575, vgl. Heineccius Antiq. 154.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_172.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)