Seite:Vom Heerschilde 198.jpg

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in den Gegenden, wo so angesehene und begüterte Reichsdienstmannen ihren Sitz hatten, unzweifelhaft sehr häufig vorkommen. Und in diesem Widerspruche mit den Thatsachen mag die Veranlassung zu suchen sein, wenn der jüngere Text des Schwabenspiegels, wie ihn die Ambraser Handschrift bietet, zwar im Landrechte den Zweifel über das Lehnrecht des siebten Schildes belässt, diesen dann aber ausdrücklich jedem Ritterbürtigen, also doch Lehnsfähigen, zuspricht und noch bestimmter im Lehnrechte erst nach dem siebten Heerschilde die Lehnsfähigkeit enden lässt, indem dem Nichtritterbürtigen der siebte Heerschild und damit die Lehnsfähigkeit abgesprochen wird.[1] Ebenso würden in Westfalen[2] nicht allein die Dienstmannen, sondern auch die Schöffenbaren erst im sechsten Schilde stehen, woraus sich denn selbst nach dem Sachsenspiegel ein siebter lehnsfähiger Schild ergeben muss.

Sehen wir dann auf die Verhältnisse in Lothringen, so kann hier von einem Einhalten der Zahl des Sachsenspiegels auch nur annähernd nicht mehr die Rede sein, da schon Edelherren auf der sechsten, vielleicht gar siebten Stufe stehen würden, und unter ihnen doch mindestens zwei Stufen ritterlicher Dienstleute anzunehmen sind. Ziehen wir nun noch die von uns als ausnahmsweise vorkommend nachgewiesenen Mittelglieder hinzu und schieben alle ineinander, ohne Rücksicht darauf, ob wirklich alle Stufen irgendwo im Reiche in einer ununterbrochenen Kette von Lehnspersonen nachzuweisen sind, so erhalten wir die weit über die Siebenzahl hinausreichende Reihe: 1. König; 2. belehnter König;[3] 3. Pfaffenfürst; 4. mittelbarer Bischof;[4] 5. Laienfürst; 6—9. lothringische Edelherren;[5] 10. 11. ritterliche Unfreie; 12. Lehnsunfähige. Die Lehre von einer Abstufung des Heerschildes, von bestimmten Erfordernissen für diese und jene Stufe, von einem Verluste derselben durch ein ihr nicht entsprechendes Mannenverhältniss zeigt sich überall im Reiche wirksam; aber die Lehre von einer Beschränkung der lebensfähigen Stufen auf

  1. Vgl. Homeyer S. 294.
  2. Vgl. oben S. 131.
  3. Vgl. oben S. 80.
  4. Vgl. oben S 115.
  5. Vgl oben S. 187.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_198.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)