Seite:Vom Heerschilde 219.jpg

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durch das Lehnswesen vielfach die bestimmtesten Gränzen zog, dafür aber auch nicht ohne Einfluss blieb auf eine freiere und würdigere Stellung des deutschen Lehnsmannes.[1] Scheint aber dieses Eingreifen landrechtlicher Momente in die Abstufungen der Lehnsfähigkeit alle deutschen Länder zu treffen, so machte doch wieder im einzelnen mancher örtliche Unterschied sich geltend, da ja einmal die landrechtlichen Grundlagen selbst nicht überall dieselben waren, weiter aber diese nicht ausschlossen, dass ein und derselbe landrechtliche Stand lehnrechtlich in mehrere Abstufungen zerfallen konnte. Und so sondert sich vielfach von den übrigen Ländern einerseits Sachsen mit seinem scharfgeschlossenen, nicht schon durch das Zusammentreffen von Freiheit und Ritterbürtigkeit begründeten und auch lehnrechtlich nur eine Stufe bildenden Adelstande,[2] andererseits wieder Lothringen mit einer vervielfachten, zum Theil durch den Anschluss an französische Lehnsbräuche bedingten Gliederung.[3]

War durch diese örtlichen Verschiedenheiten eine Abweichung im Systeme der beiden Rechtsbücher bedingt, so ist die Verschiedenheit der Zeit in dieser Richtung von geringerem Gewichte; ist unser Ergebniss richtig, dass nicht erst der Schwabenspiegel, sondern bereits der Sachsenspiegel auch den Dienstmannen die Lehnsfähigkeit zuspricht,[4] so bleibt keine wesentliche Abweichung in den Angaben beider Rechtsbücher, welche auf den Unterschied der Zeit ihrer Abfassung zurückzuführen wäre.

Zeigt uns somit das dreizehnte Jahrhundert keine wesentliche Weiterbildung oder Umgestaltung der Lehre, so sahen wir doch, dass manche für sie massgebende Anschauungen sich kein Jahrhundert weiter zurückverfolgen lassen, und es dürfte ein Versuch nicht unangemessen sein, uns zu vergegenwärtigen, wie sich, so weit unsere Untersuchungen dafür einen Anhalt bieten, die geschichtliche Entwicklung der Lehre vom Heerschilde gestaltet haben dürfte.

Was den Heerschild als absolute Lehnsfähigkeit

betrifft, so war dieser Begriff den Zeiten des Benefizialwesens

  1. Vgl. Homeyer S. 631.
  2. Vgl. oben S. 125.
  3. S. 131.
  4. S. 173.
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Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_219.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)