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Verschiedene: Wünschelruthe


Helden die nur stets verheeren
     Hielt ich würdig meines Hohns, –
Kunst und Lieb wollt’ ich vermehren,

40
     Nicht die Sklaven meines Throns.“ –


Und da pflanzt’ er jene Rose
     Die noch heut am Dome blüht,
Die noch jung im grauen Moose
     Ferne Zeiten kommen sieht. –

45
Ahnungsvoll ist ihr Bedeuten;

     Hohe Geister wachen dort.
Mag Saturn den Ring durchschreiten,
     Nimmer wechselt dieser Ort.

Gran.




Sagen aus Lübeck.




2.
Des Malers Versuchung.

Ein ehrlicher und frommer Maler in Lübeck, Namens Oswaldt Stimmer pflegte den bösen Geist sehr abscheulich und häßlicher zu malen, als andere Maler. Daher erschien einsmals der Satan in menschlicher Gestalt vor ihm, ihn bedrohend, er solle ihn nicht verstellen und anders malen als sonst, wenn er nicht von ihm alles Uebel erwarten wolle; thue er aber nach seinem Begehren, so würde er sein Freund seyn. Der Maler war erst ganz betroffen über die unerwartete Botschaft, dann aber betete er, sagte sich daß er ein Kind Gottes, mit dem der Teufel nichts zu schaffen hätte, und gedachte auch, ihm nicht zu willfahren, wohl wissend, daß ohne göttliches Verhängniß ihm Keiner ein Haar krümmen könne. Malte also den Seelenfeind fortwährend so scheußlich wie zuvor.

Der Böse aber nimmt daraus bei hellichtem Tag des Malers Gestalt an, geht zu einem Schneider, läßt sich da, Zahlung versprechend, Tuch zu einem Kleid geben, läuft aber damit fort, nach des Malers Hause zu, allwo er verschwindet. Der Schneider stellt alsbald den Maler darüber zur Rede; der läugnet Alles und vermißt sich hoch und theuer, man solle ihn als Dieb an den Galgen hängen, wenn das Tuch bei ihm gefunden würde. Bald nachher aber wird es unter seinem Bett vorgezogen, und der arme Maler nun ins Gefängniß geführt, peinlich über diese That vernommen zu werden. Die Furcht vor der Folterbank macht auch den Maler bekennen, was er nicht gethan, und er wird demnach zum Galgen verurtheilt.

Nachts kommt der Satan zu ihm, ihn versuchend, er sollte sich ihm mit Leib und Seele ergeben, so wolle er ihn von dem schmähligen Tod erretten, indem eben er in diese Gefahr ihn gebracht. In dieser Noth blieb der fromme Mann standhaft, befahl sich Gott und wollte lieber unschuldig sterben, denn mit bösem Gewissen leben, wies also den Versucher ab, und vertraute Gott, daß er ihn wohl retten könne und werde, wann er wollte. Als nun der Versucher auf die Art nichts ausrichtet, so erbietet er sich, den Maler los zu machen, wenn er ihm verspräche, ihn künftig in ehrbarer und ehrlicher Kleidung zu malen. Das versprach der Maler, als ein Mittelding, so nicht gegen sein Gewissen. Darauf führte ihn man weiß nicht wer aus dem Gefängniß in sein Haus zu Weib und Kindern, jedoch mit dem Beding, daß er folgenden Tages nicht ausgehen solle.

Der Satan indeß stellt sich in des Malers Gestalt ins Gefängniß, hört sein Urtheil ruhig an, und geht zwischen zwei Geistlichen zum Richtplatz, will sich aber zu keinem Gebet verstehen, sondern läßt sich mit großer Geduld an den Galgen hängen, also daß jedermann sich über den stummen Missethäter verwundert. Nachdem nun die Leute in die Stadt zurückgekehrt, finden sie den Maler, den sie am Galgen verlassen zu haben meinen, Nachmittags auf dem Markte stehen, und wie sie auf ihn zu eilen, ihn zu fragen, wie es ihm ergangen und wie er da stehe und nicht draußen hänge, spricht er: „der Teufel mag hängen, nicht ich.“ Wundershalben laufen denn Etliche mit dem Scharfrichter wieder zum Hochgericht, und finden da statt des vermeinten Diebes eine Spinnwebe in des Malers Gestalt. Daher glaubten sie des Malers Erzählung und lobten Gott, daß er den Frommen in solcher Anfechtung erhalten, und dem bösen Geiste nicht gestattet, diesen Unschuldigen zu verderben.

Der Maler that auch nach seinem Versprechen, und malte den Höllenmohren in eines Pabstes Gestalt, aber mit Hörnern neben der dreifachen Krone, und mit einem Klauenfuß, wie er auf eine Seele wartet, mit der Unterschrift:

Hanc animam posco,
Quam plenam criminibus nosco.

Diese Tafel ist noch A. 1600 im Dom zu Lübeck hinter dem Chor gestanden.




Leben, Literatur und Kunst.




Wir hören mit Freuden von einem neuen herrlichen Oel-Bilde was Julius Schnorr eben aus Wien nach Leipzig, seiner Vaterstadt gesandt, den heiligen Rochus darstellend, welcher seine Habe vertheilt. – Uns fällt dabey Arnims Bericht über zwey frühere Bilder dieses Mahlers auf der Dresdner Ausstellung ein: sein damaliges Lob im ganzen, und im besonderen über Pinsel und Farbe wird nun durch

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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_091.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)