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Verschiedene: Wünschelruthe


Fortuna. Zürnt Tugend? - Laster nun, auf Wiedersehn.
Laster. So lang die Bäum’ in diesem Haine stehn,
Wenn die scheinheilig englische Gestalt (sie zeigt auf ihren Baum).

90
Verliebte Thoren hier zu buhlen reizt,

Und meines Zauberbaumes Frucht zu pflücken,
Soll ein Geweih die freche Stirne schmücken,
Uns Spaaß zu machen.
     Fortuna. Gut. Aus Wiedersehn!

95
Tugend (zu Laster). Höllischer Feind! Ich will dir widerstehn.

Ja, wem dein lüstern frecher Blick gefällt,
Der wird gewiß durch schnöde Lust entstellt.
Der Mensch wird Vieh, sobald er praßt in Sünden.
Doch, dir zum Trotz, soll er noch Rettung finden.

100
Er werde menschlich wieder, wenn er sucht,

Entstellt und reuig, diese meine Frucht. (Sie zeigt auf ihren Baum).
Laster. Dir weich ich nicht.
     Tugend. Ich setze alles dran.
Fortuna. Und ich entscheide wer den Sieg gewann.




Ueber die Altdeutschen Volks- und Meisterlieder
aus den Handschriften der Heidelberger Bibliothek herausgegeben von Görres.




(Fortsetzung).

Wir bemerken nur noch weniges bei den einzelnen Liedern.

Die 8 ersten Lieder sind unbedeutend als Poesie bis auf Nro. 2 welches sehr zart und trefflich in Sprache und Ausdruck.

Nro. 9 ein hübsch 3fach Jungfrauen Lob, davon II. Jungfrauen Schöne sehr lieblich beschreibend, merkwürdig wegen der Ansicht über Frauenschönheit, mit der wir auch jetzt wohl nicht unzufrieden sein würden. III. der Unvergleichliche, zu beachten bei einer künftigen Forschung über das Wesen der Zauberei, Hexerei, und der Wunderkräfte, woran es uns so sehr gebricht. Der Glaube daß eine reine Jungfrau stärker als alle Zauberkraft, hängt mit dem Religionsglauben, daß die Jungfrau Maria die Gewalt der Dämonen zerbrochen, zusammen.

Als ächte Volkslieder zeichnen wir aus: 19. Mit jener Ironie die den tiefen Schmerz wie einen Brunnen decken muß.

- 26. 27. 31. -

49. Das Lied existirt noch, aber der Reuter hat Schild und Speer verlohren.

50. 61.-79 wohl mehr als bloßer Scherz, hat vielleicht epischen Grund.

84. mit dem armen Schwartenhals zusammenhängend.

85. wundervolle Variante eines noch lebenden.

91. 92. außerordentlich schön. - 93. 94. bei diesen beiden sieht man auch recht die epische Natur dieser Lieder, daß, ohngeachtet diese ursprünglich dasselbe Lied, sie doch sich so um und zu-singen konnten, daß ganz verschiedene Lieder daraus geworden.

96. Der Ritter mit dem Tuche. Dieß wunderbare Lied bildet einen Uebergang zwischen der historischen und epischen Zeit. Vielleicht hängt es einerseits mit den Nibelungen zusammen, während es historisch von einem Herzog v. Meklenburg spricht. Dem ganzen Wesen nach ein wirkliches Volkslied, einzelne Verse sind in noch lebende Lieder verflochten. Das im Wunderhorn II, 293 stehende, scheint eine spätere Recension. Doch ist es vollständiger, besonders durch den 6ten Vers, wo der mythische Zug des Gesprächs mit der Nachtigall noch vorhanden ist, der hier ganz fehlt.

Lieder wobei es nicht zu entscheiden ist, ob sie Volkslieber oder nicht, sind folgende:

12. 18.-30 scheint ein süddeutscher Tanzreim. Sie entstehen und vergehen, der Stoff bleibt, aber sie tragen die Farbe der Zeit, hier ist sie meistersängerartig.

33.-60 und 66 merkwürdig für die Geschichte des Liedes „da droben auf jenem Berge.“ 68. 71. 81. 83.

Von Liedern, worin bloß volksmäßige Wendungen erscheinen, zeichnen wir aus: 11. dessen Correktheit und Ründe uns einen Dichter aber vielleicht einen Volksdichter zeigt; 13. 17. 56. 71. etc.

Viele der Volkslieder werben jetzt nicht mehr gesungen, aber keine Wendung, vielleicht kein Vers ist verlohren gegangen, sie sind in andere Lieder übergegangen.

48. Ist außerordentlich schön voll tiefster zarter Trauer.

53. Lebendig, geründet, und frisch wie Mondschein auf ein bethauetes Kleefeld.

58. Minnelied voll der tiefsten Gluth und Innigkeit. Wir können aber nicht läugnen, daß wir es im altschwäbischen Dialekt, aus dem es übertragen, noch heimlicher und zarter gefunden. Wie oft hat ein Wort eine andere Bedeutung bekommen. Wie unduftig, wie bestimmt und körperlich ist z. B. das hochdeutsche „mit fröhlichem

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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 175. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_175.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)