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Verschiedene: Wünschelruthe


Ich glaubte diesen ungeschmückten Bericht nicht unwichtig zur Vergleichung mit Berichten über ähnliche Erscheinungen in unsern Tagen. Der arme Hirte wurde geschont und geachtet von dem Kreise, in welchem sein Predigerberuf Aufsehen machte, die Zeitgenossen verschmähten nicht die Gaben seines Geistes, die sie nicht kannten. Wie ging es in unsern Tagen einer Frau, die durch Güte und Geist gleich ausgezeichnet, einen seltsamen Beruf zum Predigen in sich fühlte. Mit welchem Hohne sprachen von ihr die Zeitungen! Und für diese Niederträchtigkeiten gab es überall Preßfreiheit, während die wahren Bedürfnisse der Zeit zu selten zu Wort kommen dürfen.

L. A. v. Arnim.


Seltsame Fügungen des Geschickes.
4.

Auf der Platte-Form der großen Pfarr-Kirche in Bern liefen einst einige Esel herum; ein Paar Schüler erwischen sie, setzen sich darauf, schlagen, daß die Esel laufen, springen und um sie abzuwerfen hinten ausschlagen. Auf Einem sitzt ein Schüler Namens Weinzäpfler; das Thier kömmt der Mauer zu nahe, nimmt den Kopf zwischen die Beine, schlägt hinten aus und schnellt den Burschen fast Kirchthurmshoch über die Mauer herab, daß er weinend nach Hause geht, weil er einen tüchtigen Puff am Arm bekommen.



5.

In dem Erdbeben zu St. Severin in Frankreich den letzten Juny 1627, wo fast 10000 Menschen erschlagen wurden, wollte das wunderbare Geschick, daß die große Glocke von einem Kirchthurm herab, und wie ein Hut über ein kleines Kind stürzte, daß es vor den übrigen darauf schlagenden Balken und Steinen geschützt, am andern Tage lebendig hervorgezogen ward.

S. Axtelmeier, des Naturlichts neueröffneter Palast (1706) Th. II.


6.

Die Gräfin P-ka batte einen wichtigen Prozeß über große Geldforderungen, der von ihrem Gegner durch unzählige Kunstgriffe und Advocatenkniffe so aufgehalten wurde, daß sie endlich, ungeduldig nicht zu ihrem Recht gelangen zu können, (es war in der Zeit als Napoleon das Großherzogthum Warschau gestiftet aber noch nicht dem Könige von Sachsen übergeben hatten) gradezu nach Paris reiset, von wo aus durch eingreifende Empfehlungen unterstützt, sie den Prozeß in Warschau gewinnt. Sie reiset nach Hause und kommt Abends sehr spät in einem elenden polnischen Dorfe an. Ein Gebrechen am Wagen welches nicht so rasch gebessert werden kann, die dunkle neblichte Nacht, schlechte und nicht ganz sichere Wege gebieten ihr zu bleiben, aber eine unbeschreibliche Angst treibt sie, daß sie das mögliche, Bitten und Geld versucht, um weiter zu kommen; da kömmt, während sie noch den Leuten, die bei der Laterne am Wagen arbeiten, zuredet, ein junger polnischer Offcier angefahren, der ebenfalls noch weiter will. Eben erklärt ihr der Schmidt: „vor Morgen früh käme sie auf keine Weise fort“; da wendet sie sich in ihrer Unruhe an den Officier, erst, daß er sie nur auf irgend eine Art unterstützen solle, und da auch er bald die Unmöglichkeit einsieht und ihr zuredet sich zu beruhigen und zu bleiben, bittet sie ihn dringend wenigstens selbst auch zu ihrem Schutz den Morgen zu erwarten. Er, dem Geschäfte Eile gebieten, schlägt es ab, sie aber in noch immer mehr steigender Angst bittet ihn zuletzt fast fußfällig, so daß er halb unwillig ihr ein Paar Stunden aufzuopfern verspricht.- Tief in der Nacht als der Mond eben aufgegangen, hört er, der sich angezogen aufs Bette geworfen, einen durchdringenden Schrei von dem Zimmer der Gräfin her, rasch springt er mit gezogenem Säbel durch die zwei trennenden Thüren in das Zimmer der Gräfin, wo eine Gestalt sie ringend umfaßt hält und eine andere eben den Säbel zückt um sie niederzuschlagen; rasch auf ihn einhauend und ihm den Arm zerschmetternd, daß er niedersinkt, stürzt er auf den andern und indem er mit dem sich balgt und Hülfe ruft, kommen die Leute mit Licht dazu, und ergreifen beide. Da erkennt die Gräfin in dem einen den Mann wogegen sie jenen gehässigen Prozeß gewonnen und der Offizier erkennt in dem, dem er den Arm abgehauen, seinen eigenen Vater der durch jenen Prozeß ein Bettler und Mörder geworden, und in dem andern seinen einzigen Bruder.


Druckfehler.

Nr. 38 S. 151 Sp 2. Z. 2 v. o. st. nach l. noch.
Nr. 38 S. 151 Sp 2. Z. 8 v. u. st. Eiche l. Eichel.
Nr. 43 S. 170 Sp 2. Z. 22 v. o. st. erwähnten l. erwähnte.
Nr. 45 S. 177 Sprichw. st. nidts l. nicks.
Nr. 49 S. 194 Sp 2. Z. 24 v. o. st nach und l. nach und nach.
Nr. 49 S. 196 Sp 2. Z. 10 v. u. st.. gölen Bläumkens l. gälen Bleumkens.

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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_204.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)