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verschiedene: Westphälisches Magazin zur Geographie, Historie und Statistik, Band 1, Heft 1–2

Es sieht größtentheils seine Herrschaft für seinen Feind an, der ihm nie wohl wollen kann, und das ist traurig. Wehe dem! der dieß Mißtrauen des Volks veranlaßte, das nun oft die heilsamsten Verordnungen zernichtet, und die besten Projecte zu nichte macht. So lange dies Mißtrauen nicht gehoben wird, ist euer Bemühen, Verordnungen zu machen, ihr Herren! eine herzlich vergebene Arbeit. –

Verschiedenheit im Charakter des Volcks der obengenannten Länder.

Der Lipper ist unter diesen am meisten gebildet, hat aber ungleich mehr Gefühl von Freyheit und Steifsinn auf sein Recht, als der Ritberger und Paderborner. Ein außerordentliches Mißtrauen und Bangigkeit, daß von seiner Obrigkeit ihm zu nahe geschehen mögte, ist bey ihm Zug des Charakters, das denn oft dem besten Willen seiner Obern Fesseln anlegt. Eine bessere Erziehung, wofür jetzt mit allem Eifer gesorgt wird, ist ein Hauptmittel, dies Volck geschmeidiger und milder zu machen.

Der Lipper sieht außerordentlich auf Ehre. Wer freundlich mit ihm redet, sein radotiren oft geduldig anhört, mit Freundlichkeit ihm den Hut aufsetzen heißt, wenns unter freyem Himmel ist, der kann viel von ihm haben; wer es aber in diesen wirklich unbedeutenden Dingen versieht, dem traut er nicht. Wenn Jemand Theil an seinem Schicksal nimmt, zu ihm in sein Haus geht, mit seinen Kindern sich viel zuschaffen macht, seine Früchte, und sein Vieh besieht, dem kann er nichts abschlagen, und der kann Wunder thun. Greift mans so an, so mögte er einen auf den Händen tragen. Er respectiret einen solchen Mann, und thut gern was er ihm sagt. Hingegen der geringste Schein von Verachtung bringt ihn auf, und dann ist er zu allem fähig. Ich rede aus Erfahrung.

Der Ritberger würde an herzlicher Treue und mildem Wesen beyde übertreffen, wenn seine Verfassung, Bildung und Vervollkommnung zum Zweck hätte. Er ist überaus dienstfertig und ehrlich, er zeigt dem irrenden Wanderer gern den Weg, läßt seine Arbeit drum liegen, und schlägt angebotene Belohnungen aus, da in andern Gegenden noch oft das Volk aus Plaisantrie, den Irrenden noch tiefer in die Irre führt.

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verschiedene: Westphälisches Magazin zur Geographie, Historie und Statistik, Band 1, Heft 1–2. , 1784, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lisches_Magazin_Bd.1_H.1-2_106.gif&oldid=- (Version vom 1.8.2018)