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Westphälisches Magazin zur Geographie, Historie und Statistik, Band 1, Heft 1–2

ist, das denn oft dem Gastgeber im Frühling und Sommer in Verlegenheit setzt. Indeß sind sie auch zufrieden, wenn er nur 2 oder 3 Nüsse auf den Tisch wirft, aber etwas muß da seyn. Drauf tummelt sich das junge Volk nach einigen Geigen herum, das sie Tantzen nennen, indeß die Alten mit einem Krug Bier sich ums Feuer, oder in die Sonne setzen, und politische Kannengießer machen. Kommt der Abend, so giebt jeder geladene Gast, in ein bedecktes Becken eine Summe Geld, das gehörig aufgeschrieben wird. Die Nachricht behält der Gastgeber, und wird er wieder zur Döhnte gebeten, so giebt er grade so viel, nicht einen Heller mehr oder weniger, als er nach Anzeige seiner Schrift von seinem vormaligen Gaste, der ihn wieder einladet, bekommen hat. Es wäre gegen diese Vergnügungen nicht viel einzuwenden, wenn sie nur nicht so oft kämen, und nur Hochzeiten dazu veranlaßten. Jetzt aber geht viel Zeit damit verloren. Indüstrie und Frügalität werden seltenere Tugenden, und Luxus verbreitet sich dadurch schneller unter das Volk. Der schlechtere Haushälter findet hier Mittel sich zu erholen, und ungestraft einige Zeit vom Fleiß seiner Nachbaren zu leben. Denn ein Geladener darf aus Point d’honneur nicht wegbleiben. Daher kommts denn, daß schon selbst dem Volk diese Gastmähler zur Last werden, und es Einschränkung wünscht. Die Hochzeiten sind unter allen die feyerlichsten, und bey denselben hat der Bauer manche sonderbare und oft viel bedeutende Gebräuche. Die Braut oder der Bräutigam der auf einen Hof heyrathet, wird zu der künftigen Wohnung von seinen Verwandten begleitet; indeß die Verwandten des andern Theils grade zu ins Haus gehen, wo die Hochzeit gehalten wird. Komt der Zug unter Trompeten oder Waldhörnerklang an, so reitet einer voraus, der ihn anmeldet, und zufragt, ob man willkommen sey? Ist man mit Brautschatz und Morgengabe zufrieden, die des Tages vorher abgeliefert werden muß, so heißt es: Ja, und der Zug fährt mit Jauchzen, Schießen und Musik auf den Hof. Der Bräutigam empfängt die Ankommenden mit einem Bierglas voll Brandtewein, welches wenn es ausgeleert ist an den Giebel des Hauses geworfen wird. Ist man mit der Morgengabe nicht zufrieden, so muß der Zug halten, und es wird accordirt, ob man das Fehlende ersetzen wolle, oder nicht. Der Fall tritt selten ein, weil es für eine große Schande gehalten wird; indeß hab ich ihn schon zweymal erlebt. Komt eine Braut auf den Hof,

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: Westphälisches Magazin zur Geographie, Historie und Statistik, Band 1, Heft 1–2. , 1784, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lisches_Magazin_Bd.1_H.1-2_109.gif&oldid=- (Version vom 1.8.2018)