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Der Kaiser war hocherfreut und zeigte sie dem Weisen. Der sprach: „Von den drei großen Perlen ist eine eine göttliche Wunschperle dritten Ranges, und zwei sind schwarze Drachenperlen mittlerer Güte. Von den sieben kleinen Perlen sind zwei Schlangenperlen, und fünf sind Muschelperlen. Sie alle sind ersten Ranges. Die übrigen Perlen sind teils Meerkranichperlen, teils Schnecken- und Austernperlen. Sie kommen den großen Perlen an Wert nicht gleich, doch finden sich auf Erden wenig ihresgleichen.“

Der Kaiser zeigte sie darauf auch allen seinen Dienern. Die hielten die Worte des Weisen für leeres Gerede und glaubten nicht daran.

Der Weise sprach: „Die Wunschperlen ersten Ranges leuchten vierzig Meilen weit, die mittleren Ranges zwanzig Meilen und die dritten Ranges zehn Meilen. Soweit ihr Schein reicht, kommt nicht Wind noch Regen, noch Donner, noch Blitz, noch Wasser, noch Feuer, noch Waffen. Die Perlen des schwarzen Drachens sind neunfarbig und leuchten bei Nacht. Soweit ihr Schein reicht, ist das Gift von Schlangen und Kerfen wirkungslos. Die Schlangenperlen sind siebenfarbig, die Muschelperlen fünffarbig. Sie alle leuchten bei Nacht. Die fleckenlosen sind die besten. Sie entstehen im Bauche der Muschel und nehmen mit dem Monde zu und ab.“

Als einer fragte, wie man die Schlangen- und die Kranichperlen unterscheiden könne, da sprach der Weise: „Die Tiere selbst erkennen sie.“

Der Kaiser ließ nun heimlich eine Schlangen- und eine Kranichperle auswählen und tat sie unter einen ganzen Scheffel gewöhnlicher Perlen und goß sie auf dem Hofe aus. Dann holte man eine große gelbe Schlange und einen schwarzen Kranich und setzte sie unter die Perlen. Sofort nahm der Kranich die Kranichperle in den Schnabel und begann zu singen und zu tanzen und umherzuflattern. Die Schlange aber schnappte nach der Schlangenperle und ringelte sich in vielen Windungen umher. Als das die Leute

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Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_152.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)